Niederländische Sprintmeisterschaft
Leerdam und Otterspeer neue Meister – Short Trackerin Schulting auf dem Podium – Bodycheck und Favoritensterben bei den Männern
Jutta LeerdamHeerenveen/CM – Keine Corona-Probleme in Thialf und neue Titelträger mit Jutta Leerdam und Hein Otterspeer bei den niederländischen Sprintmeisterschaften. Vor dem Start mussten alle Teilnehmer einen COVID-19-Test absolvieren. Wie schon vor der nationalen Allroundmeisterschaft eine Woche vorher und bei der Einzelstreckenmeisterschaft Anfang November gab es unter allen Teilnehmern – Aktiven, Betreuern und Jurymitgliedern – keinen positiven Fall. Dennoch wurde das Corona-Protokoll wurde streng befolgt.
Der Hallensprecher plapperte munter drauflos, als ob die Halle mit 10000 Zuschauern ausverkauft wäre, die Musik spielte wie immer und nach ihren Läufen winkten die Sportler in das nicht vorhandene Publikum. Alles war mit dem TV-Sender NOS abgesprochen als Dank an die Fans vor den Bildschirmen. Es sollte aussehen wie in normalen Zeiten…
Die Athleten waren hochmotiviert. Immerhin qualifizierten sich die Sieger direkt für die Europameisterschaften im Januar 2021 in Heerenveen. Es regnete persönliche Rekorde bei den Damen und Herren. Mit einem Paukenschlag begann der Herrenwettbewerb.
Kjeld NuisTitelverteidiger Kjeld Nuis erwischte nach einem Fehlstart einen schwachen Start im Lauf gegen seinen Teamkameraden Ronald Mulder. Nach 100 Metern in 9,61 Sekunden schien Mulder auf der Aussenbahn auf dem Weg zu einer sensationellen Zeit zu sein. Doch ausgangs der ersten Kurve nahm Nuis dem schnelleren Mulder die Vorfahrt und drückte ihn in Eishockeymanier in einer Art Bodycheck an die Bande. Vorbei die Medaillenchancen für alle beide. Disqualifikation und Tränen bei Nuis. “Das war nicht mit Absicht. Ronald hat in der letzten Zeit soviel mitgemacht. Wir trainieren zusammen und dann das”, sagte Doppel-Olympiasieger Nuis. Beim Re-Skate lief Mulder in 34,86 Sekunden die drittbeste Zeit. Doch für einen guten 1000 m-Lauf 35 Minuten später fehlte ihm dann die Kraft. Am Sonntag gewann der 500 m-Olympiadritte in 34,80 das zweite 500 m-Rennen und blieb zum 81. Mal in seiner Karriere unter der 35-Sekunde-Marke. Anschliessend nahm ihn Team Reggeborgh-Trainer Gerard van Velde aus dem Wettbewerb. “Ronald hat Erholung nötig”, so van Velde.
Mulder war in den letzten Wochen van Veldes Sorgenkind. Vor drei Wochen wurden dem 34-Jährigen nach einer Halsentzündung mit hohem Fieber im Krankenhaus die Mandeln entfernt. Dadurch hatte er die Einzelstrecken-Meisterschaft verpasst. Zuvor hatte er schon nach Kjeld Nuis positiven Coronatest in Inzell zehn Tage in Quarantäne verbracht. Erst am vergangenen Montag stand er dann zum ersten Mal wieder auf dem Eis und vertraute seiner langen Erfahrung.
Hein Otterspeer“Oldie” Hein Otterspeer freute sich über seinen dritten Titel (138,115 Punkte) nach 2015 und 2019 vor seinen Team Jumbo-Visma-Kollegen Kai Verbaij (138,780), Dai Dai N’tab (138,920) und Thomas Krol (139,920). Die ersten 1000 m gewann Otterspeer in der PR-Zeit von 1:07,99 Minuten. Am zweiten Tag ging der 32 Jahre alte Routinier kein Risiko mehr ein. Schnellster 500 m-Sprinter war am Samstag Dai Dai N’tab in 34,79 Sekunden, dem aber kein perfekter 1000 m-Lauf gelang. Nach dem spektakulären Wechsel von Reggeborgh nach Jumbo-Visma hat Ex-Weltmeister Verbij noch nicht wieder zu seiner alten Form gefunden. Davon wollte Thomas Krol profitieren. Im zweiten 500 m-Lauf bohrte Krol kurz vor dem Ziel eine Schlittschuhspitze ins Eis, stürzte und rutschte in noch 36,28 Sekunden auf dem Rücken über die Ziellinie bevor er in die Kissen knallte. Für eine Medaille reichte auch der Tagessieg über 1000 m (1:08,34) nicht mehr.
Erst im letzen Rennen eroberte Jutta Leerdam in 149,365 Punkten den nationalen Titel. Dabei nahm sie der japanischen Olympiasiegerin Nao Kodaira den Punktebahnrekord (149,66/Februar 2019) ab. Bis zum Finalrennen führte 500 m-Junioren-Weltmeisterin Femke Kok mit drei Streckensiegen. Koks Vorsprung über 500 m (37,51//37,52) gegenüber Leerdam (37,53//37,60) fiel kleiner aus als erwartet. Dank einer Super-PB im ersten 1000 m-Lauf in 1:14,23 Minuten schien ein Titelgewinn möglich. Leerdam erklärte die für ihre Verhältnisse schwachen ersten 1000 m (1:14,34) mit einem Materialbruch am linken Schlittschuh. Am Sonntag revanchierte sich die 1000 m-Weltmeisterin mit dem Streckensieg in 1:14,13 Minuten. Kok fehlte die Kraft um zu kontern (1:15,53). Mit 149,910 Punkten (PR) wurde sie zweite vor der Meisterschaftsdebütantin, Shorttrack-Olympiasiegerin Suzanne Schulting (152,250 P./PB).
Schulting, die grösste Überraschung bei den Damen, verbesserte sich über 500 m von 38,87 Sekunden erst auf 38,57 und dann auf 38,35 Sekunden. Im ersten 1000 m-Lauf verpulverte die strahlende Shorttrack-Weltmeisterin ihre alte Bestmarke von 1:15,70 auf 1:14,89 Minuten. Der 23 Jahre alte Shorttrack-Star sucht Wettkampfhärte. Mangels Shorttrack-Wettkämpfe machte sie einen Ausflug auf die lange Bahn. In Peking 2022 will sie ihrem Vorbild Jorien ter Mors folgen und olympische Medaillen in beiden Disziplinen gewinnen. Olympiasiegerin Jorien ter Mors hatte sich von den Titelkämpfen abgemeldet. Am Dienstag hatte sie sich im Training das linke Fussgelenk verstaucht und wollte nach ihren langen Verletzungspausen kein weiteres Risiko eingehen.
Michelle de JongTitelverteidigerin Letitia de Jong gab nach dem ersten Tag nach den Rängen 19 (500 m) und 17 (1000 m) unter 20 Starterinnen auf. Durch eine Schleimbeutelentzündung in den Hüftgelenken hatte die Verlobte von Olympiasiegerin Ireen Wüst eine lange Trainingspause einlegen müssen. Ihr fehlten deutlich Kraft und Kondition. Vor Saisonbeginn hatte sie an der Reichsuniversität Groningen die Masterprüfung in Health Economics, Policy and Law bestanden. Wüst belegte nach vier Strecken Platz sechs. Sie hatte wegen einer Blasenentzündung die Allround-Meisterschaften absagen müssen und hat ebenfalls einen Trainingsrückstand.
Hoch gelobt wurde Sprinterin Michelle de Jong, Rang vier mit 153,106 Punkten (PB) vierte. Die jüngere Schwester von Antoinette de Jong hatte wegen Corona eine Trainingspause einlegen müssen. Nachdem sie nach Kjeld Nuis Corona-Infektion mit dem Reggeborgh-Team zehn Tage in Quarantäne verbracht hatte, war sie auf COVID-19 positiv getestet worden. Sie klagte selbst über leichte Krankheitssymptome und blieb mehr als eine Woche in Selbstisolation. Die 21 Jahre alte Junioren-Weltmeisterin von 2019 sprintete die 500 m in 38,04 und 38,19 Sekunden, was ihr unter diesen Umständen nicht zugetraut hatte.
Ende Dezember steht das vierte Turnier unter Corona-Bedingungen auf dem Thialf-Programm. Dann geht es um die restlichen Oranje-Tickets für die Europameisterschaft und den Weltcups.
Author Christiana Mansfeld. Vielen Dank für die Bereitstellung und Genehmigung zur Veröffentlichung
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