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Diktatur sollte man niemals sagen

Author: Dirk Gundel Saturday, January 8th, 2011 2 Commented Under: Eisschnelllauf
DESGphoto Tobias Schneider DESGphoto / L. Hagen

Für einen Paukenschlag sorgte gestern abseits des Eises der Eischnelllauf Bundetrainer Markus Eicher. Im Vorfeld der Europameisterschaft äußerte sich der Bayer über die Herren im Mehrkampfteam. Wir hatten gestern darüber berichtet. Hier noch einmal einige Kernaussagen: “So wie bish­er un­ter Bart Schouten kon­nte es nicht weit­erge­hen. Wir haben in gewiss­er Weise die Dik­ta­tur in den Train­ings­abläufen wied­er einge­führt. Un­ter dem Nied­er­län­der haben sich es einige  zu be­quem ein­gerichtet. Die Sportler haben durch Bun­de­spol­izei und Bun­deswehr op­ti­male Be­din­gun­gen, da muss man ein­fach er­warten das alle voll mitzie­hen. Wir haben zum Beispiel mehrere Wochen gere­det, dass wir von je­dem Kad­er- Ath­leten ex­akte Aufzeich­nun­gen über sein Train­ing er­warten. Einige haben sich nicht dran ge­hal­ten, da mussten wir han­deln und haben ab dem 1. Jan­uar Geld­s­trafen bei Ver­stößen ver­hängt."

Diese Aussagen führt gestern zu sofortigen Protesten der angesprochenen Teammitglieder, aber auch der anderen deutschen Eisschnellläufer. Tobias Schneider outete sich am Abend als derjenige der als Erster eine Geldstrafe zahlen musste. Vor dem 1500 Meter Rennen in Collalbo stand der Berliner für ein Gespräch bereit.

Tobias, wie kam es zu dieser Geldstrafe?

Der Strafe an sich liegt erst einmal ein Versäumnis von mir vor, dass will ich gar nicht abstreiten. Uns wurde im Juli mitgeteilt, dass wir die Kerndaten vom Training schriftlich zu fixieren haben und dem Trainer übergeben sollen. Ich wurde hier auch mehrfach verwarnt, habe mich für mein Versäumnis beim Trainer aber entschuldigt. Mir wurde angekündigt, dass ich mit einer Geldstrafe rechnen muss. Diese Geldstrafe habe ich mittlerweile bezahlt, ohne dass ich eine Summe nenne, es war eine sehr empfindliche Strafe, die mich vor der Europameisterschaft hart getroffen hat und für die mentale Vorbereitung auf den Titelkampf alles andere als förderlich war. Aber ich bin nicht der Einzige, der zahlen musste. Wenn das die neue Linie im Verband ist, ist das erschreckend.

Du bist kein Angestellter der DESG, die Geldstrafe dürfte rechtlich daher auf wackligen Beinen stehen, warum hast du bezahlt?

Wenn ich nicht gezahlt hätte, dann wäre ich auch nicht zur EM gefahren. Die Kernaussage war,  der Athlet sitzt nicht am längeren Hebel. Einen Rechtsanwalt habe ich noch nicht eingeschaltet.

Dürfen wir das überhaupt schreiben, hast du mit diesem Interview nicht weiteren Ärger zu befürchten?

Der Vertrauensbruch ist hier ja eindeutig vom Bundestrainer ausgegangen, wir haben eigentlich Stillschweigen in den Medien vereinbart, aber wenn sich der Trainer daran nicht hält, ist die Vereinbarung nichts mehr wert. Deshalb kann ich hier ganz offen reden.

Ein Kritikpunkt ist, dass ihr euch unter Bart Schouten zu bequem eingerichtet habt, was sagst du dazu?

Das entspricht einfach nicht der Wahrheit, wir haben unter Bart anders, aber genauso hart trainiert. Bei Bart Schouten wurden weniger Umfänge, dafür aber mehr Intensität trainiert. Das hat sich nun wieder geändert, jetzt machen wir mehr Umfänge, aber weniger Intensität. Die Trainer wiedersprechen sich in ihren Aussagen zu dem Training von Bart Schouten, manche sagen wir haben dort zu hart trainiert und wie man jetzt hören kann, sagen andere wir haben uns ausgeruht.

Bart hat den Fehler gemacht, dass er es allen recht machen wollte, und am Ende zuviel Kompromisse eingegangen ist, er hat aber schon bewiesen dass er ein Klasse-Trainer ist. Alle Trainer kannten Barts Trainingspläne, das war ja kein Geheimnis. Für unsere heutigen Leistungen kann man ja wohl kaum noch Bart verantwortlich machen.

Der Bundestrainer sprach auch von Reibereien nach der Ende der Ära Schouten, wie können wir uns das vorstellen?

Es hat sich ja einiges geändert. Wir waren vorher alle in Berlin zusammengezogen und hatten dort unseren Trainingsstützpunkt und damit auch unseren Lebensschwerpunkt. Das wir nun mehr in anderen Orten sind, hat natürlich für Spannungen und Probleme gesorgt. Keiner von uns hat aber nach Barts Weggang seine Karriere beendet, wir wollten alle den neuen Weg mittragen. Das wurde uns seitens der Trainer aber nicht immer leicht gemacht, das eine oder andere hätte man besser regeln können.

Das was wir gestern zu hören bekamen ist aber der vorläufige Höhepunkt. Das Wort Diktatur sollte man in keinem Fall verwenden, schon gar nicht wenn man in solch Position wie der Bundestrainer ist.  Ich bin gespannt wie es jetzt weitergeht, aber gestern wurde viel Porzellan zerschlagen.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg.

2 responses to “Diktatur sollte man niemals sagen”

  1. Michael bergmann says:

    Markus Eicher beweist mal wieder seine Inkompetenz im Umgang mit seinen Mitmenschen, nur diesmal öffentlich.

    Aber man muss zu seiner Verteidigung sagen: was kann man von einem Bademeister aus einem verschlafenen bayerischen Dorf erwarten?

    Viele Grüße Micha

  2. Marek Hauptmann says:

    Hier ein Kommentar für die sicherlich nur noch kleine Schar hartgesottener Eisschnellaufbeobachter, die unsere DESG noch nicht davon überzeugen konnte das Geschehen lieber schnell zu vergessen und auch nicht mehr zu beobachten. Die Aneinanderreihung beispielloser Entscheidungen findet hier einen weiteren traurigen Höhepunkt. Man demotiviert hier die Sportler rechtzeitig vor einem der Saisonhöhepunkte durch eine Geldstrafe, nur weil diese EM keine Förderkriterien für den Verband bedient. Man schafft zuvor die deutschen Mehrkampfmeisterschaften ab, die Anreiz für alle Nichtweltcupstarter waren sich zu zeigen, weil zu wenig Teilnehmer am Start sind, statt etwas dafür zu tun, dass es wieder mehr Teilnehmer gibt. Wo doch jeder weiß und davon redet, dass man eine große Breite von Sportlern braucht, um Spitzensportler zu entwickeln. Mann lässt die Website verkümmern. Man kehrt scheinbar wieder zu Trainingsmethoden zurück, die so offenkundig nicht mehr zeitgemäß sind. Und man lässt einen hervorragenden Trainer gehen, bei Long- und Short Track.
    Es ist von trauriger Ironie zu beobachten wie die Trainer und die Chefetage der DESG alles geben um das Eisschnellaufen in Deutschland vollständig zu versenken, nur weil jeder mehr um Selbstdarstellung bemüht ist, als sich Gedanken zu machen, wie man den sport in Deutschland entwickeln und verbreitern kann und die dt. Spitzensportler physisch, psychisch und technisch zu Bestleistungen führt.
    Unseren Sportlern kann ich nur sagen, ihr sitzt auch an einem durchaus langen Hebel… aber nur wenn ihr für Eure Zukunft vorsorgt, denn ohne Sportler, können sich die vielen Trainer (bezogen auf die Anzahl der Profisportler) gerne selbst coachen :-).

    Viele Grüße
    Marek