Sommerliche “Eiszeit” gekrönt
Draußen heiß, drinnen Eis: Meeting “Cool Running” mit starken Leistungen
Erfurt (mao). Die Erfurter Gunda-Niemann-Stirnemann-Halle gehörte in den zurückliegenden drei Wochen zu den beliebtesten Aufenthaltsorten – während das Thermometer draußen 30 und mehr Grad anzeigte, gab es über dem Eis-Oval Minusgrade und in der Halle angenehme 15 Grad. Gestern Nachmittag schloss mit einem letzten öffentlichen Schlittschuhlaufen die sommerliche “Eiszeit”. Gekrönt wurde sie mit einem zweitägigen Meeting “Cool Running”, das mit 180 Startern aus 15 Ländern zumindest von der Teilnahme her WM-Format hatte.
Aber auch die Leistungen konnten sich angesichts der ungewohnten Jahresßzeit sehen lassen. “Wie sind voll im Trainingsprozess und haben uns nicht speziell auf diese Wettbewerbe vorbereitet”, sagt Damen-Bundestrainer Markus Eicher, “so gesehen sind wir mit den Ergebnissen sehr zufrieden.” Das beßtrifft besonders Jenny Wolf, die mit zwei 500-m-Siegen und starken 39,2 Seßkunden überzeugte, sowie die Damenmannschaft. In der goldenen Turin-Besetßzung Daniela Anschütz-Thoms (Erfurt), Anni Friesinger (Inzell) und Claudia Pechstein (Berlin) gewann sie das sechsrundige Rennen in 3:08,88 Minuten gegen die deutsche B-Mannschaft gewann. Doch auch die zweite Garde, in der junge Erfurterin Stephanie Beckert mit Olympiasiegerin Lucille Opitz sowie Katrin Mattscherodt lief, sorgte mit 3:11,24 Minuten für eine starke Zeit.
Für den Saisonzeitpunkt ausgezeichnete Leistungen boten einige ausländißsche Stars. Kip Carpenter (USA), 1000-m-Olympiadritter von 2002, verfehlte die 36-s-Marke über 500 m in 36,06 s nur knapp. Vize-Europameister Eskil Erßvik (Norwegen) lief in 3:45,04 über 3000 Meter nur 12 Hunderstel am Erfurter Bahnrekord vorbei. Über 1000 Meter sorgten die Niederländer Annette Gerritßsen (1:19,03) und Mark Tuitert (1:11,32) für ausgezeichnete Ergebnisse. Inßternational sehen lassen können sich auch die 4:08,92 min von 10-km-Weltreßkordlerin Martina Sablikova (Tschechien), die am Freitagabend bereits die 1500 m gewonnen hatte, sowie die 6:31,46 des 10-km-Olympiavierten ßË?ystein Gr߸dum (Norwegen) über 5000 Meter.
Die deutschen Herren blieben über 3000 Meter mit Zeiten ab 3:55 Minuten deutlich hinter Eskil Erviks Maßgabe zurück, doch der neue Bundestrainer Bart Schouten, der zuvor Derek Parra und Chad Hedrick zu Olympiasiegen geßführt hat, verbreitete Optimismus. “Die Jungens haben Potential und sind sehr motiviert, aber wir brauchen noch etwas Zeit, vielleicht zwei Jahre, ehe wir die Weltspitze erreichen können.” Auch sein Assistent Jan Coopmans wollte die Ergebnisse keinesfalls überbewertet wissen. “Wir haben in diesem Trainingslager viel experimentiert, mit der Laufhaltung zum Beispiel und einige auch mit dem Material. Abgerechnet wird in der Saison.” Durch die Strukturreform in der DESG trainieren auch die Erfurter Olympiastarter Jörg Dallmann und Robert Lehmann jetzt überwiegend unter den Regie von Schouten und Coopmans mit den anderen deutschen Männern. Indessen suchen sich die Top-Frauen mit Friesinger, Pechstein und Anschütz-Thoms andere männliche Trainingspartner (zum Beispiel aus Norwegen und Finnland), um mit deren Hilfe noch besser an ihre Leistungsgrenzen zu gelangen.
Sportler und Trainer aus dem In- und Ausland waren sich einig, dass Erfurt für diese “Eiszeit” wiederum hervorragende Bedingungen geschaffen hat – vom schnellen Eis bis zum passenden Umfeld. Der Erfurter Trainer Stephan Gneußpel: “Da ist es um so bedauerlicher, dass einige DESG-Kader sprich Junioren zur gleichen zeit eine andere Maßnahme durchführen, während hier für nicht wenig Geld Top-Eis bereitet wird.” Bart Schouten schwebt indessen sogar noch eine weit längere Eiszeit vor. “Ich möchte im nächsten Jahr möglichst den ganzen Sommer über aus Eis trainieren können”, so der Niederländer. Sollten diese Träume wahr werden, wird das aber zumindest 2007 in Berlin sein.
Nächster Höhepunkt in Erfurt sind die Deutschen Meisterschaften auf den Einzelstrecken vom 3. bis 5. November. Am 17. und 18. Februar erlebt die thüringische Landeshauptstadt einen Weltcup der Sprinter.
Matthias Opatz
Weitere Stimmen:
Anni Friesinger (Inzell): “Es ging ziemlich schwer, denn wir drei haben das Mannschaftsrennen aus dem vollen Training heraus bestritten. So geßsehen kann sich die Zeit doch sehen lassen!”
Daniela Anschütz-Thoms (Erfurt): “Es war ein ganz besonderes Gefühl, denn in genau dieser Besetzung sind wir ja im Februar Olympiasieger geßworden.”
Jenny Wolf (Berlin): “Zufrieden? Also, ganz zufrieden bin ich selten, ich wäre schon gern noch ein bisschen schneller. Aber für diesen Zeitßpunkt sind die Zeiten schon okay. Im Sommer 2006 war ich ein klein wenig schneller. Da wir das Trainingssystem umgestellt haben, weiß ich aber nicht, inwieweit die Zeiten mit denen aus vorigen Sommern vergleichbar sind. ”
Pamela Zoellner (Erfurt): “Ich bin nicht ganz zufrieden, denn unter 40 Sekunden wollte ich eigentlich schon laufen, da war ich vor Jahren im Sommer schon schneller als heute.”
Heike Warnicke-Sinaki (USA, ehemals Erfurt): “Einmal im Jahr komme ich in meine alte Heimat, und diesmal passte es gut, da hab ich mit ,Cool Running’ natürlich nicht entgehen lassen. Mit einigen, die hier laufen, war ich ja noch selbst aktiv – da kommen schon Erinnerungen hoch.”
Helge Jasch (Bad Endorf), Teamleiter Eisschnelllauf: “Erfurt hat uns für drei Wochen hervorragende Bedingungen geboten. Vielen Dank an alle, die das vor und hinter den Kulissen möglich gemacht haben.”