Stenogramme aus Heerenveen und Belgrad
Mehrkampf-EM: Deutsche Damen mit Dreifachtriumph
Nach 15 Jahren ist das Siegerpodium in der EM-Entscheidung der Damen wieder komplett in deutscher Hand. Anni Friesinger (Inzell) verteidigte mit EM-Punkterekord ihre Führung, die EM-Überraschung Daniela Anschütz (Erfurt) hielt den zweiten Platz und Claudia Pechstein (Berlin) rückte mit der besten 5000-m-Leistung noch auf Rang drei vor. Das letzte mal gab es 1990 einen deutschen Dreifachsieg, als die Erfurterin Gunda Kleemann (jetzt Niemann-Stirnemann) vor der Berlinerin Jacqueline Börner (Berlin) und der Erfurterin Heike Schalling (später Warnicke, jetzt Sinaki) gewann.
Katrin Kalex (Berlin) belegte in Heerenveen Rang elf. Damit haben die deutschen Damen der DESG vier Startplätze für die Mehrkampf-WM in Moskau sowie die nächstjährigen EM gesichert.
Sogar einen Vierfachsieg gab es auch bei den Männern, allerdings für die Niederlande: Jochem Uytdehaage gewann vor Sven Kramer (der zudem neuen Junioren-WR über 5km und Weltbestleistung über 10 km lief), Carl Verheijen und Mark Tuitert. Die deutschen Läufer schlugen sich für ihre verhältnisse wacker: Mit neuen persönlichen 10-km-Bestleistungen kamen Stefan Heythausen (Grefrath) und Marco Weber (Chemnitz) auf die Plätze 11 und 15. Damit sprangen sie für Jan Friesinger (Inzell) in die Bresche, der nicht an seine Vorjahresleistung (9.Platz) anknüpfen konnt, und sicherten auch für die nächsten EM drei Startplätze für die DESG. Einen zweiten Startplatz für die bevorstehende WM in Moskau verfehlte Marco Weber nur haarscharf (Platz 14).
Stimmen (nach dem 3. Tag):
Anni Friesinger: “Dieser Sieg bedeutet mir sehr viel, vor allem, weil ich ihn mit EM-Rekord und einem so großen Vorsprung erzielt habe. Das war eine Super-EM: Tolle Läufe, ein sensationelles Publikum, die Niederländer lieben mich. Ich bin ja so happy. Da ich vor dem 5000-m-Lauf Nasenbluten bekam, bin ich geradezu mit einer Wut im Bauch gelaufen. Aber alles ging gut. Das war auch gut für mein Selbstbewusstsein.”
Claudia Pechstein: “Ich war vorher unsicher, was ich wohl leisten könnte. Aber gerade so eine 5000-m-Zeit zum Abschluss ist super für das Selbstvertrauen. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden, das ist ein Geschenk für meine Mutti zum Geburtstag!”
Claudia Anschütz: “Der Knoten ist endlich geplatzt. Natürlich ist es ein schönes Gefühl, auf dem Podest zu stehen. Das zeigt den Fans: Es gibt in Deutschland nicht nur Anni Friesinger und Claudia Pechstein.” ***Siehe auch Gespräch mit Daniela Anschütz*** (hier verlinken)
Helmut Kraus, DESG-Cheftrainer Eisschnelllauf: “Eine großartige Europameisterschaft, alle drei Damen auf dem Podium sind eine herausragende EM gelaufen. Das macht uns optimistisch für die Mehrkampf-WM in Moskau und die Einzelstrecken-WM als Saisonhöhepunkt in Inzell. Auch die Herren haben nicht enttäuscht, Heythausen und Weber waren über 10 km so schnell wie vorher nie.”
Stephan Gneupel, Trainer von Daniela Anschütz: “Ungalublich, was für eine EM Daniela hier gelaufen ist, das war von der leistung her noch besser als bei der WM vor zwei Jahren, als sie Bronze gewann. Was die Frau durchgemacht, wie lange sie gebraucht hat, um enedlich an der Spitze anzukommen, da hätten viele andere längst die Flinte ins Korn geworfen.”
Stimmen (nach dem 2. Tag):
Anni Friesinger: “Bisher lief es wunderbar. Drei Siege in drei Rennen hatte ich im Mehrkampf noch nie. So schläft es sich gut vor dem letzten Start. Jetzt noch ein schöner, flacher Lauf über 5000 m, dann war das eine tolle EM. Das Publikum war fantastisch, die Niederländer lieben mich.”
Daniela Anschütz: “Alles läuft nach Plan. Wenn nichts Außergewöhnliches passiert, müsste ich diesen Rang halten können.”
Claudia Pechstein: “Ich merke, daß mir die Frische fehlt. Natürlich bin ich nicht ganz zufrieden, hoffe aber trotzdem auf einen Podestplatz.”
Joachim Franke (Trainer von Claudia Pechstein): “Die beiden da vorn sind stark genug, um die Sache durchzuziehen. Der Platz auf dem Podium ist für Claudia nach wie vor drin.”
Belgrad, Shorttrack-JWM: Grassow verpasst knapp 500-m-Bronze
Die 16jährige Tina Grassow (Dresden) hat bei den Junioren-WM über 500 Meter den Bronzerang nur knapp verfehlt. Ihr vierter Platz ist das beste deutsche WM-Einzelergebnis der deutschen Shorttracker bisher. “Dabei ist sie keineswegs mit Glück ins Finale gekommen”, sondern über herausragende Leistungen auch gegen starke Gegner”, sagte Junioren-Bundestrainer Markus Tröger. Im Mehrkampf kam sie damit aus den 7. Platz. Bei den Männern wurde ihr Klubkollege Paul Herrmann als 14. bester Deutscher. “Auch die anderen Deutschen liefen in den großen und starken Feld gut mit, jeder kam mndestens ein oder zwei Runden weiter, das war bei den zurückliegenden JWM durchaus nicht selbstverständlich, am letzten Tag überzeugte auch endlich Robert Seifert”, sagte Junioren-Bundestrainer Markus Tröger.
Die Staffeln kamen diesmal nicht ins Finale, die Damen verfehlten den Endlauf aber nur haarscharf und wurden Sechster. Die Herren hatten Pech, als Paul Herrmann im Staffel-Viertelfinale er auf schwerem Eis stolperte und fiel und die Australier (gegen die man sich große Chancen aufs Weiterkommen ausgerechnet hatte) davonziehen lassen musste. Am Ende stand Rang zehn (von 21 Staffeln) zu Buche.
An der Spitze dominierten die Südkoreaner, die sich sowohl in den Staffelrennen und im Mehrkampf (Jungen: Lee Ho-Suk; Mädchen: Park Sun-Young) als auch auf allen Einzelstrecken mit Ausnahme der 500 Meter durchsetzten, wo die Kanadierin Kalyna Roberge und der Chinese Ciu Linag gewannen. Über 1500 Meter hatte Lee Ho-Suk (Südkorea) in 2:13,340 Minuten für einen neuen Junioren-Weltrekord gesorgte, auch Mathieu Giroux (Kanada) und Kwak Yoon-Gy (Südkorea) blieben deutlich unter der alten Bestmarke. Annuliert wurden hingegen zahlreiche andere Zeiten, darunter die zunächst angegeben 2:26,415 von Selina Muxel (München), was Deutschen Juniorenrekord bedeutet hätte. “Die Rundenzähler haben eine Anzeige ausgelassen, damit sind die Läufer eine Runde zuwenig gelaufen”, meint Tröger, “die Gastgeber sind zwar sehr bemüht, aber ihnen fehlt einfach internationale Erfahrung, so dass es zu ein paar solchen Pannen kam.”
Rekordtempel: Neue Weltrekorde in Salt Lake City und Heerenveen
Die schnellste Eisbahn der Welt wurde wieder einmal ihrem Ruf gerecht. Bei der WM-Ausscheidung der Läufer aus Kanada und den USA in Salt Lake City sorgten Cindy Klassen und Shanie Davis für neue Rekordmarken.
Shani Davis verbesserte den Weltrekord seines Landsmanns Derek Parra über 1500 Meter deutlich. In 1.43,33 blieb er mehr als eine halbe Sekunde unter dem alten Weltrekord.
Ihren ersten Rekord auf einer Einzelstrecke erzielte Cindy Klassen in 1.53,86 ebenfalls über 1500 Meter. Damit blieb sie um 0,16 Sekunden unter der alten Bestmarke, die Anni Friesinger bei den Olympischen Spielen an gleicher Stelle erzielt hatte.
Und auch in den Vierkämpfen wurden die alten Rekorde verbessert.
Shani Davis unterbot erstmals die 150 Punkte Grenze und siegte in 149,359. Seinen Rekord verdankte er allerdings nur einer Disqualfikation von Chad Hedrick, der mit seiner 10000 Meter Zeit im Reskate sogar die 149 Punkte unterboten hätte.
Und auch Cindy Klassen konnte mit einem soliden 5000 Meter Lauf ihre alte Vierkampfmarke unterbieten und den Rekord auf 159,605 verbessern.
Die glänzenden Leistungen in Heerenveen spiegeln sich auch in den Rekordlisten wieder. Einen neuen Juniorenweltrekord erzielte wieder einmal Sven Kramer, der seinen alten 5000 Meter Rekord um fast vier Sekunden auf 6.24,29 verbesserte.
Eine neue Weltbestzeit erzielte das große Talent auch über 10000 Meter in 13.09,65, wobei er seine eigene Bestmarke um mehr als 10 Sekunden verbesserte.
Im Vierkampf erzielte Sven Kramer mit 151,107 ebenfalls eine neue Juniorenbestleistung.
Bei den Frauen überraschte Ireen Wüst, die ganz nebenbei in 7.09,23 eine neue Juniorenweltbestleistung erzielte.
Und auch im Vierkampf konnte sie ihre eigene Bestmarke auf nunmehr 164,386 deutlich verbessern.