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Olympiastarter gefragt – Samuel Schwarz und Nico Ihle

Author: Gastauthor Wednesday, February 3rd, 2010 No Commented Under: Eisschnelllauf, Olympia
DESGphoto Samuel Schwarz DESGphoto / L. Hagen

Diesmal hat Jörg Dallmann (alias “Hugo”) auf seinem Eis-Blog ein Interview mit den zwei Sprintern des deutschen Teams, Nico Ihle und Samuel Schwarz geführt und uns freundlicherweise wieder zur Verfügung gestellt. Beide haben durch ihre Leistungszuwächsen in diesem Jahr die Qualifikation zu den Olympischen Spielen erreicht und stellen sich nun den Fragen ihres Teamkollegen.

Hallo ihr Beiden, schon im Olympiafieber?

Samu: Ja, das Olympiafieber hat schon angefangen, seit der Einkleidung denke ich jeden Tag daran und freue mich sehr. Ich habe ein sehr positives Gefühl von Vorfreude und Spannung, einfach das Ganze alles, das olympische Flair interessiert mich einfach.

Nico: Ich bin auch schon im Fieber. Ich warte aber noch auf das Kribbeln, auf das Besondere, was sicher erst vor Ort kommen wird. Ich denke auch jeden Tag an die Spiele im großen Ganzen, das macht einige harte Trainingsphasen vergessen.

Ihr habt beide erst in Übersee (Calgary und Salt Lake City) Eure Qualifikation geschafft. Wie war es von den ersten Wettkämpfen des Jahres bis dorthin? Waren es normale Vergleiche oder war die Qualifikation immer im Kopf?

Nico: Die Norm war immer im Kopf, die Zeiten waren eigentlich egal, ich wollte immer nur die geforderte Platzierung schaffen. Ich habe mir dabei aber nicht einen so großen Druck aufgebaut. Ich habe versucht, immer daran zu denken, dass noch andere Wettkämpfe kommen und ich es schaffen kann. Vor der Saison dachte ich, meine Möglichkeiten liegen auf den 500m. Ich habe mich also das ganze Jahr auf die 500m vorbereitet und den Fokus darauf gelegt. Auf 1000m konnte ich mich von einem zum anderen Lauf immer wieder verbessern. Die halbe Normerfüllung in Berlin hat gezeigt, dass es auch über den Kilometer möglich ist.

Samu: Mich hat der Druck ganz schön beschäftigt, ich bin mit Sicherheit nicht an meine Leistung des Vorjahres herangekommen. Es hat mich gebremst und verkrampft, ich konnte meine Leistung nicht abrufen.

Wie war es dann, als die ersten WC nicht so liefen?

Samu: Nach der schlechten Meisterschaft konnte ich beim ersten World Cup in Berlin aufsteigen, in Heerenveen hatte ich eine Teilnorm geschafft. Es lief etwas besser aber die Norm war immer im Kopf. Eigentlich war der Fahrplan, es schon vor Übersee zu schaffen. Nun musste ich in Calgary in der A-Gruppe einen Alles-oder-Nichts-Lauf machen. Gut laufen… unter die Top 16 kommen und ich bin dabei. Schlecht laufen… was einen Abstieg in die B-Guppe bedeutet hätte und das Jahr wäre gelaufen gewesen. Am Start ging mir alles durch den Kopf, ich bin total verkrampft, angespannt gelaufen und war überhaupt nicht schnell. Es hat gerade so gereicht, ich hatte es geschafft, der 16. Platz! Schon in der Auslaufrunde sind mir die Tränen gekommen. Die ganze Anspannung ist abgefallen, der Druck, die Unsicherheit, der Traum – Das war jetzt alles geschafft und ich war wie befreit. Am Abend konnte ich ziemlich lange nicht einschlafen, weil ich immer noch darüber nachgedacht habe.

Nico, Du hast Dein Ticket in SLC gelöst und Deine letzte Chance genutzt, auch durch Samuel. Wie erging es Dir vor dem Lauf?

Nico: Am Vorabend war ich noch für die B-Gruppe ausgelost worden und damit war mir schon klar, dass ich mich bei der Sprint-WM noch mal richtig zeigen muss. Auch am nächsten Tag, 8:30 Uhr im Bus, war mir noch nicht klar, dass ich in der A-Gruppe starten kann. Ich habe mir gesagt, dass ich auch in der B-Gruppe schnell laufen werde. Erst im Bus hat mich Bart angerufen und mir gesagt, dass ich durch den Verzicht von Samuel starten konnte. Ich habe mich dann übelst gefreut, ich hatte noch mal eine reale Chance, das war schon ein schönes Gefühl. Ich habe mir aber nicht den Druck aufgebaut, dass ich es schaffen muss, ich wollte aus der Situation das Beste machen. Es hat mich eher motiviert, als dass es Druck aufgebaut hätte. Es hat mich regelrecht beflügelt und dann kam noch mal eine neue Auslosung. Es hat alles gepasst, ich sollte erst außen laufen – das 4. Mal in diesem Jahr -, dann die neue Auslosung. Ich innen gegen den Weltrekordhalter auf 500m, Jeremy Wotherspoon, das war absolut. Ich habe mir gesagt, wenn ich schon wie immer kaputt gehe, dann wenigsten die letzte Kurve innen. Hier auf der schnellen Bahn komme ich schon irgendwie ins Ziel.

DESGphoto Samuel Schwarz DESGphoto / L. Hagen

Wie lief das für Dich ab Samu?

Samu: Für mich war es ein ähnlicher Wechsel wie für Nico. Ich hatte vorher mit dem Trainer darüber gesprochen, dass, wenn mein Weglassen die letzte Chance für Nico ist, ich es dann machen werde. Wir haben schon Tage vorher darüber geredet, dass die Holländer nicht da oder krank sind, und wenn es eng wird, war die Option, dass ich den Lauf zugunsten von Nico aussetze. Am Abend war dann die Auslosung, es war klar, dass Nico nicht in der A-Gruppe startet und auch mein Rückzug nichts bringen würde, also konnte ich starten. Nächster Morgen: Für mich normale Vorbereitung auf den Wettkampf und dann sehe ich Jan Coopmans mit dem Handy am Ohr zu mir kommen. In dem Augenblick ist mir der Gedanke gekommen, dass sich hoffentlich nichts an der Situation ändert und es nicht um Nico und mich geht.

Und dann war klar, dass Dein Aussetzen reicht, um Nico in der A-Gruppe starten zu lassen?

Samu: Ja, ich habe Bart gesagt: “Ich lasse weg, viel Erfolg für Nico!“, und mit dem Auflegen war mir klar, die Überseereise ist fertig, ich könnte abreisen. Ich war enttäuscht, dass ich nicht startete. Ich wollte noch mal auf super schnellem Eis eine gute Leistung zeigen. Die 1500m liefen sehr gut und ich wollte auf meiner Hauptstrecke befreit auflaufen.

Wie war es dann, den Wettkampf von Nico von außen zu erleben?

Samu: Ich wollte dann reinfahren, ich wollte sehen, was abgeht. Ich habe die Ergebnisse der B-Guppe gesehen, wie gut die Bedingungen sind, was mich geärgert hat, denn ich wollte ja auch laufen. Zu Nico habe ich versucht, Abstand zu halten, um ihn nicht zu beeinflussen. Ich wollte nicht noch mal Druck machen, nach dem Motto “Nutz die Chance!”.

Nico am Start vs. Jeremy, das ist schon ein heißes Ding, es ist immer eine Ehre, gegen ihn zu laufen, er ist schon ein großer der Sprint-Szene. Ich drückte Nico die Daumen und hoffte, dass die ganze Aktionen einen Sinn macht! Dann habe ich Nico für Olympia das Beste gewünscht und die Daumen gedrückt, aber nicht für den deutschen Rekord, den wollte ich behalten. Dann hat er ja ein wirklich super Rennen gemacht, ich denke, das beste Rennen seinen Lebens. Als dann zwei weitere Paare durch waren und klar war, dass es mindestens der 16. Platz wird, war ich froh, dass es gereicht hat. Wir haben uns Zeichen gegeben und es war zwischen uns klar, dass es geklappt hat.

Mir war wichtig, dass er versteht, was passiert ist und dass er weiß, wie wichtig mir auch mein Lauf war. Er hat sich beim Ausfahren dann auf ehrliche Art und Weise bedankt und auch so, dass ich merkte, dass ich das Gefühl hatte, dass er versteht, was in mir vorging.

2009-11-06-0251]Was war es für ein Gefühl für Dich, Nico, diesen Lauf ermöglicht bekommen zu haben?

Nico: Ich hatte schon ein kleines bisschen ein schlechtes Gewissen und mir war schon klar, was es auch für ihn bedeutete, auf diesen Lauf zu verzichten. Auf dem Eis zur Wettkampfvorbelastung ist Samu dann noch mal zu mir gekommen und hat gefragt, ob ich noch was brauche und hat mir viel Glück gewünscht. Ab da war mir klar, dass es in Ordnung geht und ich die Chance ohne schlechtes Gewissen nutzen kann. Druck habe ich trotzdem nicht aufgebaut, es war mehr Freunde, die Chance zu bekommen. Ich hab sie genutzt!

Ab dann war klar, dass es nach Vancouver geht?

Beide:  Ja, wir waren uns sicher, wir sind Olympiateilnehmer.

Merkt ihr schon einen Unterschied im Vergleich zu anderen Wettkämpfen?

Nico: Ich bin voller Vorfreude auf das, was ich noch nie erlebt habe. Olympische Spiele gibt es nur alle 4 Jahre, und ich darf dabei sein. Krass!

Samu: Ich glaube, für mich ist es die Freude auf den Mythos Olympische Spiele!

Was erwartet ihr, außer bezüglich Eurer eigenen Leistungen, von Vancouver?

Samu: Ich erwarte Olympisches Flair, andere Sportler, gemeinsam mit Sportlern essen, überall die Olympischen Ringe, das Gefühl bei etwas Besonderen dabei zu sein. Und dass nicht alle hier sind sondern nur die Besten.

Nico: Einen Wettkampf der Besten der Besten.

Wann hast Du das erste Mal daran gedacht, dabei zu sein?

Nico: Vor 4 Jahren hat unser Trainer Bart gesagt, dass wir Medaillen gewinnen können. Da war für mich das Ziel Olympia klar, daran haben wir gearbeitet. Wirklich richtig bewusst, dass ich es auch schaffen kann, war es mir erst in diesem Jahr. Ich war von der Leistung her soweit, dass es möglich war.

…und Du Samu?

Samu: Im Ernst?

Klar!

Samu: Mit 14, zur Konfirmation, musste bei einem Kennen Lernspiel jeder seinen Namen und einen Satz, der ihn charakterisiert, sagen. “Ich bin Samuel Schwarz und fahre mal zu den Olympischen Spielen”. Alles hat gelacht, jetzt ist es Realität.

Ob sie jetzt noch lachen? Wann war es Dir bewusst, dass Du es auch schaffen kannst?

Samu: Schon vor vier Jahren, als Bart nach Deutschland gekommen ist, hätte ich im ersten Jahr die Qualifikation geschafft und es war mir klar, dass ich es drei Jahre später auch schaffen werde und es drauf habe.

Was hat die Leistungsentwicklung dieses Jahr ausgemacht?

Samu: Das deutlich verbesserte Krafttraining mit Eberhard Deutscher im OSP-Berlin und das noch konzentriertere Zusammenarbeiten auf dem Eis.

Würdet ihr Euch öfter mehr Medienpräsenz wünschen?

Wir sind nicht gerade mediengeil, aber wir hätten gerne, dass unsere Leistungen mehr gewürdigt werden und sie nicht immer schlechter geredet werden, als sie sind.

Eröffnungsfeier?

Samu: Auf jeden Fall!

Nico: Ich geh! Es ist noch mal ein extra Kick! Das motiviert, das ist alles, das Erste mal dabei…

Jungs, ich danke euch und haltet die Sprinterfahnen in Vancouver hoch!

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