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Jenny Wolf – “Ich will wieder die Beste sein” – Teil I

Author: SSN Friday, November 12th, 2010 No Commented Under: Eisschnelllauf
DESGphoto Jenny Wolf DESGphoto / L. Hagen

Während der deutschen Meisterschaften gab Jenny Wolf SpeedSkatingNews.info ein ausführliches Interview über vergangene Erfolge, Ziele und Wünsche und gewährt dem Leser auch einen kleinen Einblick in ihr Privatleben.

Jenny, seit kurzem hast Du eine eigene Webseite – www.jenny-wolf.info. Wen willst Du damit erreichen? Was werden die Leute dort finden und warum hat es eigentlich so lange gedauert, Dich in den Tiefen des Internets zu finden? (lacht)

Dort sind alte und neue Berichte zu finden, wie es mir so ging, was ich gemacht habe, auf welchen Events ich war. Natürlich wird jetzt immer auch von den Wettkämpfen “live” berichtet. Ich werde dann auch twittern und direkt meine Ergebnisse auf die Webseite stellen. Und im Nachhinein gibt es natürlich auch Wettkampfberichte, Analysen – so ein bisschen, wie es mir gefallen hat usw.

Ich lege aber auch großen Wert darauf einfach von den Reisen zu berichten und ein paar Bilder online zu stellen. Wir sind dieses Jahr in China und in Japan und dies ist nun nichts alltägliches. So kann ich mir selbst die Freude an diesen Reisen erhalten und etwas Neues entdecken.

Aber warum hat es so lange gedauert?

Ich habe mich am Anfang damit etwas schwergetan. Als Germanistin ist man so ein bisschen „Old-School“ und den neuen Technologien nicht so aufgeschlossen (lacht). Aber dann habe ich gemerkt, dass viele Fans mehr von mir wissen wollten (z.B. wann ich laufe oder wie meine Zeiten waren) und viele haben mich nach meiner eigenen Webseite gefragt. Und so habe ich mir gesagt, „Mensch, du musst jetzt ein Webseite erstellen, damit sich die Fans im Internet informieren können.“

Viele wissen von Dir, dass Du Dich als Patin für Lichtenberger Pflegekinder sozial engagierst. Aber wie kam es dazu und welche Aufgaben hast Du?

Nach meinem zweiten WM-Titel kam über diverse Umwege die Anfrage, ob ich nicht einmal ein Gespräch mit denen führen möchte. Mit einem Pinguin als Logo dachten sie sich, dass das gut mit Eisschnelllaufen zusammenpasst und haben ganz vorsichtig angefragt, ob ich nicht irgendwas für sie tun kann. Wir haben uns dann schnell geeinigt und in Berlin-Hohenschönhausen eine Kampagne mit Plakaten (mit einem Bild von mir) durchgeführt. Diese wurden in Geschäften bzw. an Türen aufgehangen, so dass die LiKi (Pflegefamilien für Lichtenberger Kinder) bekannter wird.

Ich kannte die Institution vorher überhaupt nicht und wusste auch nicht, dass es Familien gibt, die Kinder aufnehmen. Ich finde dies super interessant.

Wir sind dann mit den Kindern auch Schlittschuhlaufen gegangen und haben ihnen einfach Aufmerksamkeit geschenkt. Am 02.10. haben wir auch erst wieder ein Schnuppertraining, welches vom EVB und Hütte organisiert wurde, durchgeführt.

DESGphoto Jenny Wolf DESGphoto / L. Hagen

Gehen wir einmal zum Sportlichen über: eine Frage, die Dir zwar schon gestellt wurde, aber dennoch: Olympia ist jetzt schon eine Weile vorbei. Du hast letzte Saison alles gewonnen und Deine Aussage “Wer soll mich schlagen” ist dem Einen oder Anderen sicherlich noch im Gedächtnis. Zum Schluss ist es Silber geworden. Mit Abstand betrachtet: Silber gewonnen, Gold verloren?

Das sind wirklich zwei verschiedene Sachen. Ich bin stolz bei Olympia eine Medaille gewonnen zu haben und schaue sie mir auch gern an. Aber der verlorene Olympiasieg beschäftigt mich natürlich.

Es verging eigentlich kein Tag, an dem ich nicht versucht habe zu analysieren und darüber nachzudenken, woran es lag. Auch nachdem ich jetzt den ersten Wettkampf gelaufen bin, kommt alles wieder hoch. Die Atmosphäre bei Olympia… – tja, es ist noch nicht so lange her, dass ich nicht nicht mehr daran denke.

Wurmt es Dich vielleicht so sehr, dass du Sotschi 2014 in Angriff nimmst und Du Dir sagst: “Ich will diese Medaille unbedingt haben?”

Ja, aber soweit bin ich noch nicht! Ich habe mir schon überlegt, wie wichtig mir wirklich so ein Olympiasieg ist und stellte fest: im ersten Moment ist er es gar nicht. Mir sind Familie und Freunde wichtiger, aber auch einfach nur zu zeigen, dass ich eine gute Eisschnellläuferin bin und die Beste der Welt mit Weltrekord usw. Im Moment kommt es mir nur auf diese Medaille noch nicht an. Es ist noch nicht so, dass ich sage in Sotschi hole ich sie mir und dann bin ich glücklich bis an mein Lebensende. In dieser Situation bin ich noch nicht, deswegen plane ich auch bis dahin noch nicht.

Im Sommer hast Du noch gesagt, dass Du diese Saison etwas ruhiger angehen lassen willst. Jetzt bist Du mit der besten Zeit überhaupt gestartet, bei der DM in Anführungsstrichen “mal so nebenbei” Jahresweltbestleistung gelaufen. Wie passt das zusammen?

Es ging eigentlich recht schnell, dass ich gemerkt habe, dass ich einfach nicht davon lassen kann. Ich hatte mit meinem Trainer noch im März zusammen gesessen und gesagt: “Naja, dieses Jahr werde ich mal nicht zum Training gehen, wenn Familienfeiern sind. Och, und auch am Wochenende mal nicht viel…” Aber, dann habe ich schnell gemerkt: ich will wieder die Beste sein. Ich will allen zeigen, dass ich diejenige bin, die wirklich die 500m dominiert und das geht nicht ohne Training.

Ich habe dann das Training wie immer durchgezogen, aber dabei habe ich ein bisschen mehr auf meinen Körper gehört. Das letzte Jahr war extrem, für den Februar (Olympia) wurde alles gemacht und getan. Der Trainingsumfang ist nun nicht weniger, aber manchmal mit weniger Intensität und dafür etwas anderes als sonst. Eben nicht 110%.

Hat sich vom Training prinzipiell etwas geändert oder hast Du das Training umgestellt?

Nein, es gibt ja nicht so viele Möglichkeiten beim Eisschnelllauf. Man muss Radfahren, muss spezifische Übungen machen, man benötigt Ausdauer und Schnelligkeit. Wir sind da ja schon immer sehr vielseitig.

Allerdings habe ich dieses Jahr meinen Fokus nicht so sehr auf das Krafttraining gelegt. Dies war ja schon immer meine Stärke. Ich konnte meine Kniebeugen machen und wusste, dass ich darauf zählen kann. Dieses Jahr habe ich erst im Sommer damit richtig begonnen. Aber trotzdem hat es sich gut entwickelt. Seit Juli-August sind wir jetzt auf der Schiene wie immer und da wird nichts großartig geändert.

Seit nun mehr 12 Jahren startest Du jetzt für Deutschland. Das ist eine lange Zeit! Was hat sich währenddessen aus Deiner Sicht so auf und an der Bahn alles verändert?

Das ist eine gute Frage (und lacht). Eigentlich gar nicht so viel, nur bin ich jetzt auf einmal die Älteste geworden (lacht). Also ich kann mich ja noch gut daran erinnern, als ich 19 Jahre alt war, da waren alle besser als ich und meine Vorbilder und da konnte man sich schön im Windschatten ausruhen und Wettkämpfe laufen.

Im Verband hat sich auch nicht viel geändert. Es sind halt immer noch die alten Probleme, aber auch die alten Sachen, die wirklich sehr gut funktionieren. Eigentlich liegt es ja auch nur an meinem Erfolg, dass ich jetzt in einer ganz anderen Position bin als vor 12 Jahren.

Damals warst Du die “Kleine” und heute bist Du die zu der alle aufschauen. Siehst Du Dich manchmal in so einer Art “Mutterrolle”?

Nee, gar nicht! Man merkt schon, dass die Jüngeren wirklich Respekt haben, wenn sie zum ersten Mal in meine Trainingsgruppe kommen, aber das legt sich dann schnell. Wir sitzen ja alle in einem Bott. Wir müssen alle schnell laufen und trainieren das Gleiche und da wird dann sehr schnell klar, dass da keine großen Unterschiede herrschen.

Ich weiss nicht wie viel die sich von mir abschauen. Ich hoffe, nur die guten Sachen. Ich bin ja nun nicht mal immer Vorbild, aber ich denke da ist jeder für sich selbst verantwortlich. Ich weiss ja auch von mir, dass ich früher immer meinen eigenen Kopf hatte und nicht alles gemacht habe, was die “Großen” gemacht haben. Man merkt schon recht schnell, was gut für einen Selbst ist.

mehr von Jenny Wolf im zweiten Teil des Interviews

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