Das Jahr 2010: Rückblick, Ausblick & Wünsche
Vor ziemlich genau einem Jahr hatte SpeedSkatingNews.info seine Geburtsstunde. Zeit zurück zu blicken, aber auch nach vorne zu schauen.
Unser vorrangigstes Ziel war und ist neben dem bekannten Ergebnisdienst die aktuelle, unabhängige und umfassende Berichterstattung im Eisschnelllauf und Shorttrack.
Vor allem dem Shorttrack sollte mehr Platz auf unserer Seite gewidmet werden und so waren die Europameisterschaften in Dresden ein Höhepunkt unserer Arbeit. Wenn wir von einem Tag auf den anderen von einer uns völlig fremden Sportart berichten müssten, dann hätten wir naturgemäß das eine oder andere Problem. So ging es den meisten Journalisten in Dresden, die statt vom Fußball, Tennis oder Golf, plötzlich mit Shorttrack konfrontiert wurden. Weder die Sportler noch die Regeln waren diesen Journalisten bekannt. Das am Ende der Veranstaltung gerade diese “Schreiberlinge” oder Reporter begeistert waren, daran hatten auch wir mit zahlreichen unterstützenden Erläuterungen unseren kleinen Beitrag. Letzlich waren es aber die Sportler mit ihren Leistungen und der geduldigen Art die recht ungewöhnlichen Journalistenfragen zu beantworten sowie die großartige Stimmung in der Halle, die für teilweise euphorische Artikel in den Gazetten der Republik sorgten.
Für die Shorttracker war Dresden beileibe noch nicht das letzte Highlight, nach Gold und Silber für die Staffeln bei der Europameisterschaft, folgte die sensationelle Bronzemedaille der Herrenstaffel bei den Weltmeisterschaften. Die erste WM-Medaille für die DESG im Shorttrack. Für weitere sportliche Schlagzeilen sorgte Tyson Heung als Olympiafünfter sowie die Teams mit den Plätzen Fünf und Sieben bei der Mannschafts-WM.
Nach diesen Höhepunkten war dann für Aika Klein, Susanne Rudolph, Tyson Heung und Sebastian Prauss der richtige Zeitpunkt für das Karriereende gekommen. Diese vier Top-Athleten sind für die kleine Shorttrack-Nation Deutschland nicht zu ersetzen. Das zeigte sich in der neuen Saison, wo im Weltcup noch sehr viel Lehrgeld gezahlt wurde. Lediglich Torsten Kröger konnte als Siebter einmal in die Weltspitze vorstoßen.
Zuletzt gab es jedoch auch wieder positive Nachrichten, insbesondere Paul Herrmann und Bianca Walter konnten sich in Asien deutlich steigern und der WM-Dritte Robert Seifert ist wieder voll ins Training eingestiegen. Wenn im Februar in Dresden der Weltcup stattfindet, ist mit den deutschen Läufern auf jeden Fall wieder zu rechnen. Und auch SpeedSkatingNews.info wird wieder vor Ort sein und sicherlich zahlreiche Journalisten wieder treffen, die diesmal gern nach Dresden reisen.
Abschiede
Es gab leider auch traurige Nachrichten zu verkünden, der Norweger Tor Snare Bakke verstarb bei einem Badeunfall im Januar in Südafrika. Fast zeitgleich wurden Details zum Verschwinden von Juri Kokhanets bekannt. Der in Deutschland lebende ehemalige Weltklasseathlet verschwand am 27.08.2009 unter mysteriösen Umständen nahe Divnogorsk. Bewohner eines Dorfes unweit Krasnojarsk wollen Jurij im Oktober noch gesehen haben, dann verliert sich jede Spur. Nach familiären Problemen soll der einst so lebenslustige Sportler in tiefe Depressionen verfallen sein und getrunken haben. In stark angetrunkenen Zustand verließ er nur mit Hemd und Hose bekleidet das Haus, die Ermittler vermuten Suizidabsichten. Leider gab es seit dieser Information aus dem Januar keine neuen Hinweise. Auch die Trainergilde hatte einen Verlust zu beklagen, der Berliner Werner Unterdörfel, unter anderem Trainer von Andreas Ehrig und René Schöfisch, wurde im Oktober zu Grabe getragen.
Spannendes
Beendet wurde im Januar 2010 eine Posse um den Wechsel eines niederländischen Marathonteams nach Kasachstan. Auch wenn in diesem Fall der Nationentausch scheiterte, weil Kasachstan nicht zur Europäischen Gemeinschaft zählt, wurde der ISU doch erbarmungslos der Spiegel vorgehalten. Im Eisschnelllaufen ist der Wechsel zu einer anderen Nation oftmals leichter als der Bahnwechsel.
Dieser spielte im olympischen 10.000 Meter Finale eine entscheidende Rolle. Der auf Goldkurs liegende Sven Kramer wurde von seinem Trainer falsch eingewiesen, verpasste den Bahnwechsel und wurde disqualifiziert. Gold ging an einen Shorttracker, denn Seung-Hoon Lee wechselte mangels Erfolgschancen in seiner Sportart erst im Jahr zuvor zu den Eisschnellläufern. Gar nicht entscheiden konnte sich der Lette Haralds Silovs, er qualifizierte sich sowohl im Eisschnelllaufen, wie auch im Shorttrack für die Olympischen Spiele. Und so startete er am 13.Februar erst über 5000 Meter im Eisschnelllaufen (Platz 20) fuhr anschließend ins Pacific Coliseum und kam nach drei anstrengenden 1500 Meter Läufen im Shorttrack auf Platz 10.
Doch nicht nur die Shorttracker wildern im Eisschnelllaufen, spätestens seit Chad Hedrick sind die Inlineskater als ernsthafte Konkurrenten einzuschätzen. In den letzten Wochen haben zahlreiche Spitzenläufer aus dem Inlinebereich bekannt gegeben, dass sie hinsichtlich der nächsten Olympischen Spiele auf das Eis wechseln wollen. Joey Mantia immerhin 34facher Weltmeister, trainierte bereits in Heerenveen.
Während die ISU im Shorttrack jeden der „Lust hat“ einen Start bei den Weltcups ermöglicht, versucht der Verband im Eisschnelllaufen einen „elitären Kreis“ aufzubauen. Die Normen für die Titelkämpfe und Weltcupstarts wurden auf ein abnormes Niveau hoch gesetzt. Viele Athleten, die jetzt im Eisschnelllauf erfolgreich sind, wären wahrscheinlich gar nicht mehr aktiv, wenn man ihnen vor Jahren die Chance auf internationale Starts durch zu hohe Normen genommen hätte. Die Auswirkungen der jetzigen Strategie werden wir erst in einigen Jahren erleben. Ein Waterloo erlebte die Technische Kommission der ISU, die eine Regel schuf, die niemand brauchte und niemand wollte. Nun ist die Regel des „Überfahrens der Linie“ auf der Zielgerade de facto ausgesetzt. Angesichts dieses Zustandes stellt sich die Frage, ob es noch die richtigen Personen sind, die über das Regelwerk der ISU entscheiden.
Überraschungen
Das deutsche Eisschnelllaufen wird von den Frauen dominiert, das schien bis dato ein unumstößliches Gesetz zu sein. Umso überraschter war die Medienwelt von dem Weltcupsieg, der Samuel Schwarz in Obihiro gelang. Während Jenny Wolfs Weltcupsieg Nummer 55 gerade noch zwei Zeilen in den Zeitungen wert war, schaffte es Samuel sogar ins ZDF-Sportstudio. Und wir erlebten dort wie Wolf-Dieter Poschmann den Herren für die bisherige Berichterstattung Abbitte tat.
Es waren die spektakulären Momente, die im Eisschnelllaufen aus deutscher Sicht aus Vancouver zurück blieben, Silbermedaillen für eine unbekümmerte Stephanie Beckert auf den beiden langen Strecken, eine wieder mal hauchdünn geschlagene Daniela Anschütz-Thoms auf Platz vier, sowie eine knapp bezwungene Jenny Wolf über die 500 Meter. Und dann dieser dramatische Abschluss, der zwar nicht gut für das Herz des Eisschnelllauffans war, aber der Sportart insgesamt gut tat. Erst stürzte Anni Friesinger-Postma im Halbfinale des Teamlaufes und rettete akrobatisch den Finaleinzug, dann die unglaubliche Schlussrunde im Finale und die Goldmedaille mit nur einem Wimpernschlag Vorsprung.
Überhaupt waren die olympischen Spiele von Vancouver auch ein Highlight für SpeedSkatingNews.info. Obwohl selber nicht vor Ort, verbrachten wir die Nächte vor unseren Computern und an den Telefonen um aus 8.000km Entfernung zum Geschehen aktuell berichten zu können. Hierbei gilt unser spezieller Dank den zahlreichen Sportlern, Kollegen und namenlosen Unterstützern, die dies überhaupt erst ermöglicht haben.
Doch nicht nur bei den Olympischen Spielen gab es deutsche Medaillen, Jenny Wolf wurde Dritte der Sprint-WM, Daniela Anschütz-Thoms ebenfalls Dritte bei der Europameisterschaft. Jenny Wolf dominierte zudem den Gesamt-Weltcup über 500 Meter, Monique Angermüller überraschte als Dritte über die 1000 Meter und Stephanie Beckert und Daniela Anschütz-Thoms als Zweite und Dritte auf den Langstrecken.
Die neue Saison begann wieder mit Abschieden. Anni Friesinger-Postma, Daniela Anschütz-Thoms, Pamela Zoellner, Lucille Weber und Anton Hahn haben ihre Karriere beendet, Matthias Schwierz stieg aus beruflichen Gründen aus. Claudia Pechstein ist noch nicht wieder startberechtigt. Und mit Bart Schouten wurde ein Erfolgstrainer “verabschiedet”, der die Früchte seiner Arbeit nicht mehr ernten durfte.
Doch die Eisschnellläufer sind nicht in ein tiefes Loch gefallen, junge Sportler nutzen die Chance sich international erfolgreich zu präsentieren. Diese jungen Athleten kommen aus einem kleinen überschaubaren Kreis von Junioren. Während in den großen Nationen Ausscheidungswettkämpfe für die Juniorenmeisterschaften stattfinden, stehen in Deutschland in den älteren Altersklassen nur eine handvoll Sportler am Start. Das es den Trainern trotzdem gelingt das eine oder andere Talent an die Weltspitze heranzuführen ist schon fast ein Wunder. Wenn es der DESG in den nächsten Jahren nicht gelingt eine breitere Basis aufzustellen, wird man hoffnungslos in Rückstand geraten.
Ausblick & Suche
Wir hatten und haben den Anspruch über all diese Ereignisse zu berichten, mit aktuellen Fotos und Interviews die Webseite anzureichern und natürlich alle Ergebnisse weltweit online zu stellen. Zudem sind regelmäßige Updates inhaltlicher aber auch stilistischer Art an der Webseite erforderlich. Dies alles ist mit unserem kleinen Team kaum noch zu bewerkstelligen.
So mussten wir z.B. in dieser Saison auf Liveübertragungen verzichten, weil parallel Interviews führen, Ergebnisse übertragen und zu Fotografieren nun mal nicht von einer bzw. zwei Personen allein geleistet werden kann. Dieses Feature würden wir im nächsten Jahr jedoch gerne wieder einsetzen. Deshalb sind wir weiter auf der Suche nach Interessierten, die uns aktiv unterstützen wollen: sei es als Textschreiber, Interviewer oder zum Einlesen von Ergebnissen.
Natürlich sind wir auch auf der Suche nach weiteren Sponsoren, die uns bei unserer Arbeit finanziell den Rücken freihalten. Dabei müssen es nicht immer gleich die großen Beträge sein. Auch kleinere Summen helfen uns! Für Interessierte gibt es hier ein paar Mediendaten und gerne senden wir weitere Informationen über Werbemöglichkeiten zu.
Insgesamt kann SpeedSkatingNews.info mit dem ersten Jahr seines Bestehens sehr zufrieden sein. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise sind wir jederzeit dankbar und versuchen diese auch zeitnah umzusetzen. Wenn Ihr/Sie also einen Verbesserungsvorschlag habt oder auch einen Fehler findet, dann schreibt uns bitte einfach eine kurze Nachricht.
Zum Schluss möchten wir uns bei allen Unterstützern und Besuchern herzlichst bedanken! Auch im kommenden Jahr werden wir wieder aktiv berichten und oft wie nur möglich auch vor Ort sein. Bis dahin wünschen wir Euch/Ihnen einen guten Rutsch und ein erfolgreiches 2011.
Das Team von SpeedSkatingNews.info
Melanie, Lars und Dirk