DESG-Olympia-Notizen vom 12. Februar 2006
Friesinger verfehlt Medaille um zwei Zehntel / Shorttracker erfolglos / Blick nach vorn richten
Eigentlich sollte es am Sonntag die erste Medaille für die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft geben, doch am Ende fehlten Anni Friesinger zwei Zehntelsekunden an Bronze. So lieferte die DESG zwar mit den Plätzen vier (Friesinger), fünf (Pechstein) und sechs (Anschütz-Thoms) das beste Mannschaftsergebnis ab, die Medaillen gingen aber an andere: Die 19jährige Ireen Wüst holte sich überraschend die Goldmedaille, ihre niederländische Trainingskollegin (TVM) Renate Groenwold gewann Silber und Weltmeisterin und Gold – Mitfavoritin Cindy Klassen (Kanada) Bronze.
“Als ich die Zeit von Wüst gesehen habe, wusste sich, das ist der Maßstab, an dem sich der Olympiasieger messen muss. Ich wollte auch auf diese Zeit laufen”, sagte Friesinger, “aber nicht so wie Ireen, die couragiert von vorn gelaufen ist, sondern über das Gleichmaß. Doch es ging schwerer als bei den letzten Trainings, nicht so locker. Schwer zu sagen, woran es lag, es war ein paar Grad wärmer in der Halle als noch heute morgen, und ich habe mich im Laufanzug ziemlich eingeengt gefühlt.” Sie habe sich aber von vorn herein nicht als Topfavoritin bei dieser Strecke gesehen eine Medaille sei aber ihr Ziel gewesen. “Doch jetzt muss ich nach vorn sehen, ich habe noch vier Chancen, erst den Mannschaftswettkampf, dann meine eigentlichen Spezialstrecken 1000 und 1500 Meter.”
Auch Claudia Pechstein zeigte sich nach dem Rennen enttäuscht, aber gefasst. “Meine Arme und Beine waren blau, also sehr schwer. Das hat man wohl gesehen. Ich hatte Probleme mit dem Sauerstoff in der Halle. Ich habe trotzdem versucht, meinen Rhythmus zu finden, doch leider hat es mit einem Platz unter den ersten Drei nicht geklappt. Meine Zeit war nicht so schlecht”, sagte sie, “jetzt kommt erst mal der Mannschaftswettkampf und auch meinen weiteren Einzelstrecken wird wieder mit mir zu rechnen sein.”
Die eigentliche Überraschung war die Erfurterin Daniela Anschütz-Thoms. “Ich bin mit der Zeit als auch mit dem Platz sehr zufrieden. Das war vor ein paar Wochen noch weit weg”, sagte die Thüringerin, die (was viele nicht erwartet haben) Claudia Pechstein ein großes Rennen lieferte und mit den Kanadierinnen Groves und Hughes sowie Sablikova (Tschechien) absolute Weltklasseläuferinnen hinter sich ließ. Damit machte sie klar, dass sie auch in der Mannschaft allererste Wahl ist.
Die deutschen Shorttracker verfehlten am ersten Wettkampftag die selbst gesteckten Ziele. Während die vier Einzelstarter, wenn auch teils unglücklich, bereits in Runde eins die Segel streichen mussten, konnte die Damenstaffel nur rund zehn Runden lang mithalten (führte sogar), ehe sie bis auf Platz vier durchgereicht wurde. “Keine Ahnung, warum einfach nicht mehr ging”, sagte Yvonne Kunze, “aber an den Franzose waren wir nah dran, auch die Japaner können wir im B-Finale schlagen, so dass Platz sechs noch möglich ist.” Tina Grassow meinte: “Unsere Wechsel waren heute nicht ganz optimal, da können wir noch was rausholen.”
Ziemlich ratlos war Susanne Rudolph, die gut in ihren 500-m-Vorlauf gestartet war, dann aber ein Loch reißen lassen musste, das sie nicht mehr schließen konnte. Hingegen hatte Aika Klein einfach Pech. Nach gutem Start – auf der Außenposition startend hatte sie schon die erste Rivalin überholt – stürzte sie nach einem Rempler der Französin Stephanie Bouvier schon in der ersten Runde. “In so einem Moment denkt man erst mal nicht weiter als ,Aufstehen, weiterlaufen!’ und läuft ins Ziel”, meinte Klein, “klar ist das unglaublich ärgerlich, zumal ich nichts dafür kann, aber das ist eben Shorttrack. Das muss man sofort abhaken und den Blick auf die nächsten Rennen richten.” Bouvier wurde zwar wegen der Behinderung disqualifiziert, doch eine Benachteiligung so früh im Rennen führt üblicherweise nicht zur Weitersetzen des Benachteiligten in die nächste Runde. Im 500-m-Klassement belegt Rudolph Platz 20, Klein wird 23.
Bei den Männern ärgerten sich Tyson Heung und Sebastian Praus nicht minder über ihr Ausscheiden in den 1500-m-Vorläufen. Im schnellsten Vorlauf der Konkurrenz verpasste Tyson Heung den das Weiterkommen bedeutenden dritten Platz. “Ich war lange dran, aber dann musste ich abreißen lassen, die Beine haben einfach nicht gemacht, was sie sollten”, sagt Heung, der 17. wurde – aber er wollte mehr. Genauso wie Sebastian Praus: “Ich lag an drei, als ich abbremsen musste, um eine Kollision mit Rodigari zu vermeiden, das hat Darasz zum Überholen genutzt. Ich habe ihn auf der letzten Runde noch mal angegriffen, aber de Ziellinie kam ein paar Meter zu früh, eine Zehntelsekunde fehlt mir. Ärgerlich, denn ich meine eigentlich, dass ich das B-Finale draufgehabt hätte.” Das erreichte Darasz übrigens tatsächlich. Im A-Finale, dass auch Mitfavorit Apolo Ohno (USA) verpasste hatte, stellten die Asiaten die Hackordnung wieder her: Ahn Hyun-Soo (Südkorea), der 2002 in Salt Lake City den zu den Sturzopfern im legendären 1000-m-Finale (Stichwort: Steven Bradbury) gehört hatte, gewann vor seinem Landsmann Lee Ho-Suk und dem chinesischen Altmeister Li Jiajun (30).
“Ein Tag zum Abhaken”, meinte DESG-Sportdirektor Günter Schumacher, “wir gehen zur Tagesordnung über und konzentrieren uns auf die nächsten Aufgaben.”