Stenogramme aus Dresden, Shorttrack-DM
1. Tag: Arian Nachbar mit Doppelsieg
Klein, aber fein präsentierte sich das Feld zu den Deutschen Meisterschaften der Shorttracker in der Dresdner Eissporthalle an der Pieschner Alle. Obwohl in dieser Saison alle großen Messen gesungen waren (sprich EM, WM und Weltcup) und es bei den “Deutschen” nur noch einmal um die Ehre ging, stellten sich alle 10 WM-Teilnehmer dem Kräftemessen mit der zweiten Reihe und den besten Junioren. Je 15 Damen und Herren aus 7 Vereinen stellten sich den Startern, so dass mit zwei Runden über 1500 m sowie drei über 500 und 1000 m ein kompakter, zuschauerfreundlicher Zeitplan möglich wurde.
Den stärksten Eindruck hinterließ am ersten Tag Arian Nachbar (Rostock), der nicht nur beide Titel gewann (1500 m, 500 m), sondern mit 42,96 s auch für die sportlich beste Leistung sorgte. Über 1500 m lief er taktisch klug und setzte sich im entscheiden Moment an die Spitze; über 500 m riss er dank seines Turbo-Starts sofort eine Lücke sich, die Tyson Heung (Dresden) und Thomas Bauer (München) nicht mehr zu schließen vermochten. Der nach Dresden übergesiedelte Deutschkanadier Heung hinterließ bei seinen ersten DM einen starken Eindruck (Bronze 500 m, Silber 1500 m), hatte aber an diesem Tag gegen Nachbar keine Chance. Mehrkampf-Titelverteidiger Sebastian Praus wurde Vizemeister über 1500 m und verfehlte auf der kurzen Strecke wegen einer mit Disqualifikation geahndeten Behinderung den Endlauf. Gleich zweimal außen vor blieb Andre Hartwig: Der Rostocker wurde im 1500-m-Endlauf durch eine Rangelei mit Thomas Bauer zu Fall gebracht, lief zwar noch ins Ziel, wurde aber wegen eines Ausrüstungsvergehens disqualifiziert (er hatte vor der Ziellinie seinen Handschuh gelöst). Über 500 m wurde ihm eine Rangelei gleich in der ersten Runde des Vorlaufs zum Verhängnis, Hartwig kam zwar als erster ins Ziel, wurde aber ebenfalls disqualifiziert. Im Mehrkampf führt nach zwei Distanzen Nachbar klar vor Heung, Praus, Bauer, Guido Hegener (Grafing) und Robert Seifert (Dresden).
Bei den Damen hatte Mehrkampf-Titelverteidigerin Yvonne Kunze (Dresden) im 1500-m-Finale Sturzpech, setzte sich dann aber mit einem 500-m-Finalsieg an die Spitze der Gesamtwertung vor Christin Priebst (Dresden), die die 1500 m gewonnen hatte, Aika Klein (Rostock), Julia Riedel (Dresden), Selina Muxel (München) und Tina Grassow (Dresden). Susanne Rudolph (Grafing) büßte auf ihrer Spezialstrecke 500 m ihre Chancen im Finale durch einen selbstverschuldeten Sturz ein. Aika Klein überzeugte im 500-m-Halbfinale und Finale jeweils durch eine starke Aufholjagd jeweils auf Platz zwei, wobei sie jeweils ein mehr als 10 m großen “Loch” zulief.
2. Tag: Mehrkampf-Titel an Nachbar und Priebst
Mit klarem Punktvorsprung holten sich Arian Nachbar (Rostock) und Christin Priebst (Dresden) die Deutschen Meistertitel im Mehrkampf. Nachbar, der am zweiten Tag über 1000 m seinen dritten Einzeltitel gewann, verwies Tyson Heung (Dresden) sowie 3000-m-Sieger Sebastian Praus (Mainz) auf die Medaillenplätze, auf den nächsten Rängen folgen Thomas Bauer (München), Paul Herrmann (Dresden) und Guido Hegener (Grafing). Priebst, die nach den 1500 m auch die 1000-m-Meisterschaft und das 3000-m-Finale gewann, setzte vor Yvonne Kunze (Dresden) und Aika Klein (Rostock) durch, dahinter folgen Julia Riedel (Dresden), Tina Grassow (Dresden) und Selina Muxel (München).
Auch am zweiten Tag gab es interssante Halbfinales und Finals mit lange zeit offenem Ausgang, was noch vor wenigen Jahren nicht immer der Fall war. Das unterstreicht eine gestiegene Dichte an der Spitze, von der zu wünschen ist, dass sie über kurz oder lang auch zu einer weiteren Anhebung des Niveaus führt. Als Bereicherung erwies sich auch der Ende 2004 nach Dresden gewechselte Deutschkanadier Tyson Heung. “Auch wenn es für mich ein zusätzlicher Konkurrenz im Kampf um internationale Start wird, sehe ich das positiv”, sagt Paul Herrmann, “ich profitiere im Training von seiner Erfahrung und seinem Wissen, das er gern weitergibt, und kann mich dadurch weiterentwickeln.” Heung, dessen Mutter aus Würzburg stammt und daher neben dem kanadischen auch einen deutschen Pass hat, hofft auf internationales Startrecht für die DESG in der Olympiasaison. “Ich habe die ISU-Regeln genau studiert, und danach dürfte es keinen Hinderungsgrund geben, da ch nie in einem ISU-Wettkampf für Kanada gestartet bin”, sagt der 24jährige. Ein Deutscher Meistertitel war ihm bei seinen ersten DM aber nicht vergönnt. Heung: “Arian war heute einfach zu stark!” Shorttrack-Cheftrainer Jürgen Dennhardt war ebenfalls von Nachbar beeindruck: “Schade, dass er dieses Vermögen bei den WM in Peking nicht rüberbringen konnte, denn in dieser Verfassung wäre für ihen dort einiges mehr dringewesen.”
Bei den Damen hatte Yvonne Kunze keinen glücklichen Tag: Im 1000-m-Finale lief sie ohne Not in eine zu Lücke, behinderte Aika Klein und musste ihre Hoffnungen auf eine Mehrkampf-Titelverteidigung begraben. Christin Priebst beseitigte mit einem taktisch klug herausgelaufenen 3000-m-Sieg aber alle Zweifel, dass sie ihren Titel dem Glück zu verdanken hatte. Auch Aika Klein hinterließ beim Saison-Finale einen starken Eindruck. Dahinter machte vor allem die 16jährige Julia Riedel auf sich aufmerksam. “Sie gehört neben Tina Grassow zu den Talenten, die Mut machen für die Zukunft”, sagt Trainer Dennhardt. Hingegen konnte Ulrike Lehmann, die jahrelang eine zuverlässige Stütze der Nationalmannschaft war (vor allem in der Staffel), nicht mehr in die Nähe der deutschen Spitze laufen. Sie hat jetzt Zeit zum Nachdenken, ob sie mit neuem Mut noch einmal angreift oder die Schlittschuhe an den Nagel hängt.