Niederländische Doppelführung bei der EM
Die Mehrkampfeuropameisterschaft im Eisschnelllauf im italienischen Collalbo begannen mit einem bangen Blick zum Himmel. War am Mittwoch noch herrlicher Sonnenschein bei minus 10 Grad Celsius, hat es sich seit Donnerstag bewölkt und die Temperaturen nahmen zu. Damit veränderten sich auch die Eisbedingungen komplett. Für Freitag war dann Schnee bzw. Eisregen angesagt, doch der erste Tag der Herren wurden noch ohne Niederschlag durchgezogen.
Der Pole Konrad Niedźwiedzki galt als einer der Favoriten auf der Sprintstrecke und wurde seinem Ruf als “Sprinter unter den Allroundern” einmal mehr gerecht. Seit 2006 war der Pole auf der Eröffnungsdistanz immer auf dem Podium und hatte im Vorjahr in Hamar die Konkurrenz um nahezu eine halbe Sekunde distanziert. In Collalbo lief der Pole 36,04 sec, blieb damit nur knapp über seinen Meisterschaftsrekord aus dem Jahr 2006 und siegte erneut deutlich. Überraschend auf dem zweiten Platz lief der Niederländer Jan Blokhuijsen (36,33), der seine Zeit von den Niederländischen Meisterschaft im Gegensatz zu seinen Teamkameraden noch einmal toppen konnte.
Allerdings hatte der Niederländer bei seinem Lauf Glück, dass er einer Disqualifikation entging. Er berührte zwar in der Kurve die Kegel, allerdings nicht mit der Kufe, sondern nur mit dem Schuh, weshalb die Disqualifikation für Blokhuijsen ausblieb.
Hinter Koen Verwej (36,56) landeten die beiden Favoriten Håvard Bøkko (36,65) und Ivan Skobrev (36,67). Dabei verfehlte der Russe sein Saisonbestzeit nur knapp, während Bøkko weit hinter seiner besten Saisonzeit zurückblieb. Auch im Feld dahinter wenig Überraschungen, die Niederländer Wouter olde Heuvel und Renz Rotteveel blieben deutlich hinter ihren Meisterschaftszeiten zurück, der Italiener Fabris enttäuschte ebenfalls, während die französische Hoffnung Alexis Contin etwas besser startete als erwartet.
Im Rahmen ihrer bisherigen Leistungen blieben Robert Lehmann (37,28) und Tobias Schneider (37,81). Für beide Deutschen galt die Konzentration aber eher den 5000 Metern.
Überraschend eng an der Spitze war es dann im 5000 Meter Rennen und somit auch in der Gesamtwertung. Zwar siegte mit Ivan Skobrev der Favorit über die 5000 Meter, doch in 6.30,01 sec gelang ihm kein herausragender Lauf. Pech für den Russen, dass er als erster der Favoriten auf das Eis musste und dann auch noch unmittelbar vor der Eispause.
Nur 2,7 Sekunden langsamer, aber damit nur auf Platz 5 der Norweger Håvard Bøkko, hinter dem niederländischen Trio Koen Verweij (6.30,49), Wouter olde Heuvel (6.31,14) und Jan Blokhuijsen (6.32,21).
Robert Lehmann verpasste das Ziel unter die Top 12 zu laufen nur denkbar knapp, in 6.48,57 min fehlte in einem gleichmäßigen Rennen knapp eine halbe Sekunde zum zwölften Platz, den sensationell der Neueisschnellläufer Bart Swings aus Belgien eroberte.
Tobias Schneider ging dagegen volles Risiko, was sich aber nur bis zur Hälfte des Rennens auszahlte. Ab Mitte des Rennens ging dem Berliner die Kraft aus, am Ende rettete er sich gerade so ins Ziel. In 6.57,58 min blieb Tobias Schneider am Ende nur Rang 21 und damit sowohl das Aus im Kampf um einen WM-Startplatz, wie auch um einen zusätzlichen Startplatz für die nächste Europameisterschaft.
In der Gesamtwertung liegen die beiden jungen Niederländer Jan Blokhuijzen und Koen Verweij knapp vor Ivan Skobrev in Führung. Der Russe dürfte als 10000 Meter Spezialist nun endgültig zum Topfavoriten dieser Titelkämpfe aufgestiegen sein. Håvard Bøkko liegt als Vierter noch in Lauerstellung und der am zweiten Tag stärkere Wouter olde Heuvel hat ebenfalls noch Podiumschancen.
Robert Lehmann liegt zwar auf Rang 12 und wäre im Moment nicht für das Finale qualifiziert. Allerdings hat der Erfurter noch eine kleine Chance, wenn er über 1500 Meter am Russen Bajnov vorbeizieht und gleichzeitig die hinter Ihm platzieren Athleten in die Schranken weisen kann. Mindestziel für Robert ist Platz 15, denn damit würde der Erfurter einen Startplatz bei der WM erkämpfen.
Erstmals wird das Teilnehmerfeld bereits nach den ersten beiden Distanzen verkleinert, für die 1500 Meter sind dann nur noch die besten 24 Läufer zugelassen. Damit sind Finnland, Österreich, Rumänien und die Schweiz nicht mehr im Wettkampf vertreten, Schweden nur noch mit einem Läufer.
Stimmen aus Collalbo:
Konrad Niedźwiedzki: (nach dem 500 Meter Lauf) “Ich bin happy über meine 500 Meter Zeit, das war viel besser als ich erwartet habe.”
Robert Lehmann: (nach dem 500 Meter Lauf) “Wir haben kaum Sprint trainiert, deshalb war nicht viel mehr zu erwarten. Trotzdem bin ich nicht zufrieden. Mehr als eine halbe Sekunde langsamer als im Vorjahr. Jetzt gilt die volle Konzentration dem 5000 Meter Lauf.”
Isabell Ost: “Ich komme mit dem heute weicheren Eis deutlich besser zurecht. Nach unserem Trainingslager in Südafrika vermisse ich die Sonne. Ich will versuchen mich für das Finale zu qualifizieren.”
Jennifer Bay: “Ich bin schon heute extrem aufgeregt, obwohl wir erst morgen starten. Es ist die erste EM für mich und die Medienpräsenz ist schon aufregend. So viele Interviews musste ich noch nie geben. Morgen hoffe ich auf gutes Wetter, habe vor allem vor dem 500 Meter Lauf etwas Bammel. Ich will versuchen einen WM-Startplatz (Platz 14) zu erkämpfen.”
Bente Kraus: “Ich habe hier nichts zu verlieren und will mich nicht unter Druck setzen. Das war zuletzt mein Problem. Mein Ziel ist es hier im Bereich meiner Bestzeiten zu laufen, dann bin ich zufrieden, eine Platzierung habe ich mir nicht als Ziel gesetzt.”
Markus Eicher: “So wie bisher unter Bart Schouten konnte es nicht weitergehen. Wir haben in gewisser Weise die Diktatur in den Trainingsabläufen wieder eingeführt. Unter dem Niederländer legten die Athleten fast selber fest, wann und wie oft sie trainierten. Einige habe es sich da zu bequem eingerichtet. Die Sportler haben durch Bundespolizei und Bundeswehr optimale Bedingungen, da muss man einfach erwarten das alle voll mitziehen. Wir haben zum Beispiel mehrere Wochen geredet, dass wir von jedem Kader- Athleten exakte Aufzeichnungen über sein Training erwarten. Einige haben sich nicht dran gehalten, da mussten wir handeln und haben ab dem 1. Januar Geldstrafen bei Verstößen verhängt.”
Mitglied des Herrenteams*: “Bart Schouten ist seit Monaten nicht mehr der verantwortliche Trainer, für das Ergebnis in Collalbo kann er gar nichts. Da ist das neue Trainerteam in der Verantwortung.”
*Name ist der Redaktion bekannt