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Keine Lust auf halbe Sachen

Author: Redaktion Friday, November 12th, 2004 No Commented Under: Eisschnelllauf

Eisschnellläuferin Katrin Mattscherodt aus Berlin feiert in Hamar ihr Weltcup-Debüt

Von Klaus Weise

Katrin MattscherodtPechstein, Friesinger, Niemann-Stirnemann, Garbrecht, Völker – damit dürfte in etwa das Wissen des Normalverbrauchers auf die Frage nach den besten deutschen Eisschnellauf-Damen erschöpft sein. Aber Katrin Mattscherodt? Wer soll das denn sein? Die 23jährige Berlinerin nimmt es denn auch gelassen, wenn Neugierige fast entschuldigend gestehen: “Eigentlich weiß ich überhaupt nichts über Sie!” Nicht so schlimm, meint sie beiläufig, “woher denn auch.”

Katrin Mattscherodt startet am Wochenende für die Deutsche Eisschnellauf Gemeinschaft beim ersten Weltcup der Saison in Hamar und eine Woche darauf in Berlin auf den Langstrecken. Erworben hat sich die Sportsoldatin dieses Privileg durch Leistung. Bei den deutschen Meisterschaften Anfang November in Berlin hat sie über 3000 Meter hinter Pechstein und der Erfurterin Daniela Anschütz Bronze gewonnen, über 5000 Meter war sie sogar Zweite hinter Anschütz.

“Das waren die ersten Medaillen in meiner Kufenlaufbahn überhaupt. Bei den Nachwuchs-Meisterschaften hatte ich bestenfalls nur vierte, fünfte oder sechste Plätze. Manchmal haben Freunde oder Bekannte in den Statistiken schon nachgeguckt, ob ich überhaupt noch da bin”, erzählt sie. Mit dem Thema Weltcup hatte sich die Berlinerin auch vorm nationalen Championat keine Sekunde befaßt.

“Ehrlich gesagt, diese Leistung habe ich mir selber gar nicht zugetraut.” Andere kennen sie da offenbar besser. Magnus Enfeldt, Gatte der besten deutschen Sprinterin Monique Garbrecht, prognostizierte: “Wenn Katrin ihr Potential abruft, ist sie vorn dabei.” Und Uwe Hüttenrauch, beim SC Berlin erster Trainer von “Mattschi”, hatte es ebenfalls gewußt: “Sie ist ein, Verzeihung, richtiges “Kampfschwein’. Sie schenkt kein Rennen weg, auch nicht, wenn es schlecht läuft.” Katrin Mattscherodt bedankt sich brav für das Lob, zuckt mit den Schultern, sagt bescheiden, “na ja, da ist schon was dran”. Den Anschluß nach oben will sie schaffen, mit 23 werde es auch Zeit.

Angefangen hat sie mit dem Eisschnellaufen, weil eine ältere Dame in ihrem Wohnhaus, die ehrenamtlich im Sport tätig war, sie immer wieder drängte, sich doch mal auf Kufen zu versuchen. Gesagt, getan. “Ich bin dabei geblieben und habe Spaß daran gefunden.” In ihrer zehnten Wettkampfsaison ist Katrin Mattscherodt einstweilen, “und die ist schon jetzt meine mit Abstand beste”.

Trainer Thomas Schubert und dessen “Ersatz” Detlef Nowack, der den betreuenden Part übernimmt, wenn Schubert unterwegs ist, haben daran den größten Anteil. Aber auch das Umfeld insgesamt ist so stimmig wie nie zuvor. Ihr BWL-Studium hat Katrin unterbrochen, ist seit Oktober 2003 bei der Bundeswehr. “Ideal. Man ist finanziell abgesichert, muß sich keine Sorgen machen und kann sich ganz auf die sportliche Leistung konzentrieren.”

Das hat sich ausgezahlt. Nun kann die 23jährige die Ziele und Maßstäbe höher hängen. “Bisher wollte ich nur an Katrin Kalex und Lucille Opitz vorbei, die stets vor mir waren. Jetzt habe ich sie erstmals weggekickt – nun muß der nächste Schritt folgen.” Der Traum vom Weltcup ist erfüllt und Katrin Mattscherodt verspricht: “Deshalb werde ich ganz bestimmt nicht genügsam. Ich habe von klein auf gelernt, daß halbe Sachen nichts taugen. Wenn man was anfängt, muß man was Ordentliches zustande bringen.”

Auf Hamar freut sie sich, weil sie dort erst vor kurzem bei einem Länderkampf aufs Eis ging. “In einer total leeren Halle mit schlechtem Eis. Ich bin gespannt, wie das nun beim Weltcup aussieht.” Sie will sich dort möglichst für einen Start in der A-Gruppe eine Woche später in Berlin qualifizieren, wo Eltern, Freunde und Bekannte zusehen werden.

Das derzeit denkbar Größte für sie wäre aber ein Weltcup-Auftritt in der Gruppe der Besten in Heerenveen. “Dort ist eine einmalige Stimmung, dort kriegt man automatisch eine Gänsehaut und weiß in jeder Sekunde, warum Eisschnellaufen so wunderbar ist.”

Erschienen in der “Berliner Morgenpost” vom 12. November 2004
Veröffentlichung auf desg.de mit freundlicher Genehmigung des Autors

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