Mehrkampf-WM in Heerenveen
1. Tag:Friesinger gewinnt 500 m / Sturzpech für Schneider
Damen: Anni Friesinger hat im ausverkaufenten Thialf-Stadion (13’000 Zuschauer) erwartungsgemäß die 500 m gewonnen und war in 38,38 s so schnell wie bisher noch nicht in dieser Saison – WM-Mitfavortin Ireen Wüst (Niederlande) liegt ihr aber in 38,44 s (PB) ganz dicht auf den Fersen. Titelverteidigerin Cindy Klassen (Kanada) wurde in 38,68 s 500-m-Dritte – es dürfte ein ganze ziemlich spannende WM werden!. Daniela Anschütz-Thoms stellte in 39,70 Sekunden ihrte persönliche Bestzeit ein und rangiert auf Rang acht, Claudia Pechstein (39,82) ist Zehnte, Lucille Opitz (41,22) 22. Stimmen. Anni Friesinger: “Das waren die saubersten 500 Meter meiner Karriere. Das wird eine spannende WM auf Super-Niveau.” Claudia Pechstein: “Jetzt ist auch dem letzten klar, dass ich diesmal nicht zu den Favoriten gehöre, und kann die weiteren Strecken ohne Rucksack bestreiten.” Daniela Anschütz-Thoms: “Das war gut, aber noch nicht sehr gut. Beim Start habe ich noch ein bisschen was verschenkt.”
Herren: Schwarzer Tag für Tobias Schneider: Der Berliner stürzte im 500-m-Rennen in der zweiten Kurve, als er mit dem Leder des Schlittschuhs aufs Eis kam – aus der Traum von einer Topplatzierung. “Ich bin volles Risiko gegangen. Ich war so schnell wie nie unterwegs und wollte in der letzten Kurve nochmal attackieren. Ein kleiner Fehler und alles ist aus. Jetzt ist die Enttäuschung riesengroß”, sagte Schneider. Doch nicht nur das: Nach dem Aufprall auf Eis und Bande hatte Schneider starke Schulterschmerzen und bestritt die 5000 m mit Handicap (6:33,93). “Von seiner Form her kann er deutlich schneller laufen”, sagte DESG-Teamleiter Helge Jasch, “wir haben ihn jetzt vom Wettbewerb abgemeldet und zum Gesundheitscheck ins Krankenhaus beordert.” – Dafür überzeugte Stefan Heythausen zumindest über 500 Meter, der in neuer persönlicher Bestzeit von 36,44 s Siebenter wurde. Über 5000 m konnte er aber nicht daran anknüpfen (6:42,60, Platz 23). Die Streckensiege bei den Männern holten sich über 500 m Erben Wennemars (NED/35,79) sowie über 5000 m Sven Kramer (NED/6:12,97).
2. Tag:Wüst beeindruckt die Konkurrenz
Damen: Ireen Wüst läuft so stark wie nie und hat die Konkurrenz +über 1500 m buchstäblich deklassiert. Die zweitplatzierte Anni Eriesinger lag 1,85 Sekunden hinter Wüsts Bahnrekord von 1:54,05 min, alle anderen mehr als zwei Sekunden. Claudia Pechstein wurde mit persönlicher Saisonbestzeit Achte, Daniela Anschütz Neunte, Lucille Opitz 15. Damit setzte sich Wüst nach zwei Distanzen an die Spitze vor Friesinger und Klassen.
Über 3000 m lief die begeistert angefeuerte Lokalmatadorin in 4:00,28 neue Persönliche Bestzeit und war damit knapp vier Sekunden schneller als Friesinger (4:04 glatt). Die weiteren DESG-Starter kamen auf die Plätze 6 (Pechstein), 8 (Anschütz-Thoms) und 13 (Opitz). Im Gesamtklassement hat Ireen Wüst ein (auf die abschließenden 5000 m gerechnet) komfortables Polster von 11,8 s auf Anni Friesinger sowie von 18,4 s auf Cindy Klassen.
Herren: Die Folgen seines Sturzes über 500 m waren für Tobias Schneider zwar schmerzhaft, eine ernsthafte Verletzung ist es aber zum Glück nicht. Bei Röntgenaufnahmen konnte ein Bruch ausgeschlossen werden, Schneider kam mit einem leichten Schleudertrauma davon und will beim Weltcup in Erfurt in einer Woche wieder angreifen. Indessen lief Stefan Heythausen über 1500 m auf Platz 9 (1:47,97) und beendet die WM damit als 17., den 1500-m- Sieg holte mit neuem Bahnrekord (1:45.19) Erben Wennemars. Vor der letzten Strecke, für die kein Deutscher qualifiziert ist, führt Kramer (NED) vor Fabris (ITA) und Wennemars (NED).
3. Tag:Kramer holt Titel mit Weltrekord / Wüst gewinnt vor Friesinger
Anni Friesinger aus Inzell hat bei den Weltmeisterschaften der Mehrkämpfer in Heerenveen die Silbermedaille gewonnen. Den Titel gewann erwartungsgemäß die einheimische Ireen Wüst, Bronze ging an Titelverteidigerin Cindy Klassen (Kanada). Mit einer ausgezeichneten 5000-m-Leistung verbesserte sich die Berliner Claudia Pechstein noch auf den vierten Platz. In 6:58,98 min (persönliche Saisonbestzeit) wurde sie über 5000 m Zweite und blieb als einzige neben Martina Sablikova unter der Sieben-Minuten-Marke. Sáblßková verfehlte in 6:49,31 min Pechsteins Weltrekord von Olympia 2002 nur um 2,4 Sekunden – aber immerhin Tiefland-Weltbestleistung. Für die dritte deutsche Top-Ten-Platzierung sorgte als Achte Daniela Anschütz-Thoms (Erfurt). Lucille Opitz (nicht für die 5 km qualifiziert) beendete die WM als 15.
Bei den Herren holte Sven Kramer endlich wieder einen Weltrekord in eine außeramerikanische Bahn. In 12:49,88 min über 10’000 m blieb er rund zwei Sekunden unter seiner ein Jahr alten Bestmarke von Calgary. Fachleute gehen davon aus, dass der Vorteil der Höhenbahnen (wie Calgary und Kearns) durch geringeren Luftwiderstand nur auf Mittel- und Kurzdistanzen besteht. Auf den Langstrecken ab 5000 Meter wird dieser Vorteil der Höhe durch den geringeren Sauerstoffgehalt der Luft aufgehoben, was sich eben besonders bei Ausdauerdisziplinen bemerkbar macht. Deshalb können Langstrecken-Weltrekorde auch im Tiefland gelaufen werden. Schon beim Weltcup in Berlin hatte Kramer seinen 5000-m-Weltrekord nur um 0,98 s verfehlt. Kramer holte sich in Heerenveen souverän den WM-Titel im Mehrkampf vor Enrico Fabris (ITA) und Carl Verheijen (NED). Deutsche Läufer waren für die Abschluss-Strecke nicht qualifiziert. Stefan Heythausen kam auf Platz 17, Tobias Schneider musste den Wettbewerb wegen einer leichten Gehirnerschütterung nach seinem Sturz über 500 m abbrechen.
Stimmen vom WM-Abschluss:
3000-m-Zweite Claudia Pechstein, die zuvor elf WM-Medaillen in Folge gewonnen hatte (im Bild mit Trainer Joachim Franke): “Irgendwann endet eben jede Serie. Aber so eine Serie muss mir erstmal jemand nachmachen!”
Vizeweltmeisterin Anni Friesinger: “Ireen Wüst hat voll für diese WM trainiert, Mehrkampf ist in Holland das Wichtigste. Ich hatte mein goldenes Zuckerl mit der Sprint-WM schon im Kasten. Um mit ihr mitzuhalten, hätte ich im Training mehr den Fokus auf die Langstrecken statt auf die Sprints legen müssen. Aber das war der Preis, den ich gern gezahlt habe. Trotzdem kann ich auch so stolz auf mich sein.”
DESG-Sportdirektor Günter Schumacher: “Ich finde es ein bisschen schade, dass man in manchen Medien den Eindruck bekommt, als wäre eine Silbermedaille eine Niederlage. Dabei steht dahinter ein Riesenleistung, die man nicht genug würdigen kann. Eine Medaille ist immer sehr gut, und drei Top-Ten-Platzierungen sprechen für ein ausgezeichnetes Mannschaftsergebnis.”