Robert Seifert: Anspannung rund um die Uhr
Beim Weltcup-Finale in Marquette erfüllte Robert Seifert (Dresden) als vierter deutscher Shorttracker die Olympianorm des DOSB. Zuvor war dies bereits Aika Klein (Rostock), Tyson Heung und Paul Herrmann (beide Dresden) gelungen. Doch mehr noch: Der 21jährige stieß über 500 Meter bis ins B-Finale vor und gewann es – macht Platz 5 über 500 Meter. Dazu kommt noch der neue Deutsche Rekord von 41,258 Sekunden.
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Robert Seifert, Riesen-Glückwunsch von Deutschland nach Marquette. Ihr erster Kommentar zu ihrer Leistung?
Phantastisch. Ich habe am Ende selber gestaunt, wozu ich hier fähig war. Knackpunkt war das Erreichen des Viertelfinales, um die Olympianorm zu schaffen. Bis dahin war ich unheimlich angespannt, ab da gelöst und gelassen.
Wie muss man sich diese Anspannung vorstellen?
Von außen sieht man es wahrscheinlich nicht, aber innen ist man unheimlich aufgewühlt. Nicht nur direkt auf dem Eis, sondern jedesmal, wenn man daran denkt, das treibt den Puls hoch. Und daran dachte ich seit Tagen eigentlich laufend, beim Aufstehen, beim Schlafengehen, beim Essen, beim Training, in der Freizeit, immer.
Im Viertelfinale sind sie als Dritter in die nächste Runde gesetzt wurden, während Olympiasieger Apolo Ohno disqualifiziert wurde. Was ist genau passiert?
Ich habe mich von Start weg an den Südkoreaner Sung Si-Bak gehängt und blieb bis zur letzten Runde an zweiter Position. Bei dem hohen Tempo (Sung ist in dem Rennen Weltrekord gelaufen – d. R.) trägt es mich in der Kurve immer etwas heraus, das macht Verfolgern etwas leichter, mit einem überraschenden Antritt innen vorbeizugehen. Als Ohno bei der vorletzten Kurve noch nicht angegriffen hatte, hatte er nur noch eine Gelegenheit, da griff ich in die Taktik-Kiste. Ich habe eben ein klein wenig Tempo rausgenommen, vielleicht ein, zwei Zehntel, und versucht, möglichst weit innen zu bleiben, um keine Einladung zum Überholen auszuteilen. Ohno musste für ein Weiterkommen alles riskieren und hat trotzdem versucht, innen vorbeizulaufen. Das ist ihm aber nicht gelungen, ohne mich zu behindern.
Und dann gar Sieg im B-Finale!
Ich hatte nichts zu verlieren, habe mich von der Startposition 1, also innen, gleich an die Spitze gesetzt und versucht, das Rennen von vorn zu laufen und schnell zu machen. Auch diese Taktik ging auf.
Vor drei Jahren haben Sie an die Tür der Weltspitze geklopft, ehe Sie beim Weltcup in Chicoutimi (Kanada) schwer gestürzt sind. Das ist in wenigen Tagen drei Jahre her. Viele haben nicht geglaubt, dass Sie jemals wieder Shorttrack laufen werden. Jetzt klopfen Sie wieder an die Tür zur Weltspitze. Ein Wunder?
Ein bisschen schon, aber ich habe eigentlich immer daran geglaubt. Ich habe auch, als ich monatelang im Krankenhaus war, den Mut nicht verloren. Die Fachleute am Dresdner Uni-Klinikum um den Sportorthopäden Dr. Mario Bottesi haben meine komplizierten Brüche nach allen Regeln der Kunst erfolgreich operiert, so dass ich meinen Leistungssport wieder aufnehmen konnte. Am Anfang hatte ich noch Angst auf dem Eis, doch diese Angst habe ich recht schnell zu beherrschen gelernt, auch dank der guten Tipps von Sportpsychologin Rita Regös. Und Éric Bédard ist ein Super-Trainer, der nicht nur mich, sondern uns alle deutlich weitergebracht hat.
Apropos alle – morgen gibt es noch die Staffelentscheidung. Hier geht es ebenfalls noch um die Olympiafahrkarte, die Sie im Einzel wohl sicher haben.
Ich bin nach meiner Olympianorm keineswegs weniger für die Staffel motiviert, sondern eher noch mehr. Ich täte nichts lieber, als Vancouver mit allen zusammen in Angriff zu nehmen. Ich werde alles geben, und vielleicht ist es ja ein Vorteil, dass bei mir die absolute Anspannung jetzt weg ist.
Die deutsche Shorttrack-Familie drückt ganz fest die Daumen!
Links zum Thema:
Homepage Weltcup in Marquette | ISU-Ergebnisdienst | Homepage Robert Seifert
Renntelegramme vom Sonnabend | Das große Rechnen: Schaffen es die Staffeln?