„Das Beste herausholen“
Eric Bedard
Mit Éric Bédard (31) hat einer der erfolgreichsten Shorttrack-Sportler der letzten zehn Jahre sein Lager in Dresden aufgeschlagen. Bédard gewann vier Olympia- (u. a. zweimal Staffel-Gold) und ein Dutzend WM-Medaillen. Nach seinem Rücktritt als Aktiver 2006 wurde er Trainer der kanadischen Junioren-Auswahl, ehe er im Sommer als verantwortlicher Trainer für die deutsche Auswahl an die Elbe kam.
Herr Bédard, was macht Ihr Deutsch?
Großartig!
Wirklich? Dann können wir das Gespräch in Deutsch führen…
Nein, nein, das war Spaß. Lieber englisch. Aber ich mache Fortschritte. Zweimal in der Woche bekomme ich Deutsch-Unterricht von einer Lehrerin aus dem Sportgymnasium.
Wann waren Sie erstmals mit dem Gedanken konfrontiert, nach Deutschland zu gehen?
Im Mai. Da wusste ich fast nichts über Deutschland.
Stimmt es, dass Sie den Trainervertrag unterschrieben haben, ohne ein einziges Mal hier gewesen zu sein?
Ja, das stimmt. Aber ich hatte mich ausführlich informiert. Zum einen viel mit Tyson Heung gesprochen, der wie ich in Montreal wohnt. Zum anderen endlos mit meinem Freund Stéphane Julien telefoniert. Wir waren vor über 20 Jahren zusammen in einem Eishockeyteam. Er spielt seit fünf Jahren in Deutschland, bei den Kölner Haien.
Ist es hier so, wie Sie es sich vorgestellt haben?
Noch besser. Dresden ist schön, aber vor allem die Sportanlagen sind Spitze, und das ist wichtig. Hier ist alles beisammen und von hohem Standard. Besser als in Montreal, wo ich in den zurückliegenden Jahren gearbeitet habe.
Aber Shorttrack besitzt in Kanada einen anderen Stellenwert.
Klar, dort gibt es 10.000 Shorttracker, 5000 allein in Québec. Da bist du als Auswahltrainer in einer komfortablen Situation, kannst immer wieder aussieben. Wenn einer nicht gut genug ist, wartet schon der Nächste. In Deutschland gibt es vielleicht 200, davon je acht Männer und Frauen von internationalem Niveau. Die kann man nicht einfach aussortieren. Du musst das Beste aus ihnen herausholen. Das will ich.
Ihr Vertrag läuft bis April 2010. Welche Ziele streben Sie bis dahin an?
Ich erwarte viel von den Sportlern, nicht nur in Sachen Geschwindigkeit und Ausdauer, sondern vor allem in Strategie und Taktik. In dieser Hinsicht ist die begonnene Saison eine Lehrzeit, in der sich die Sportler mit dem Gelernten ausprobieren sollen, Erfahrungen sammeln. Natürlich wollen wir gute Ergebnisse, aber sie sind in diesem Jahr nicht entscheidend. Entscheidend ist das Olympiajahr mit den Winterspielen. Dort müssen Finalplätze möglich sein, mindestens das B-, vielleicht das A-Finale. Letzteres ist vor allem für die Staffeln ein realistisches Ziel.
Wie bewerten Sie konkret die Resultate der ersten zwei Weltcups dieses Winters?
Mit den Ergebnissen von Salt Lake City war ich sehr zufrieden. Die zahlreichen Rekorde waren Ausdruck einer guten Entwicklung und wir hatten etliche Top-10-Platzierungen. In Vancouver waren die Platzierungen bis auf Pauls Herrmanns achten Platz nicht ganz so gut, und in den Staffelrennen hatten wir wirklich Pech.
Welche Erwartungen hegen Sie für die bevorstehenden Weltcupstationen Peking und Nagano?Glücklicherweise dürfen wir wieder mit je fünf Sportlern bei den Männern und Frauen teilnehmen. So können wir den Grundstein legen, uns mit der Staffel für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Natürlich wollen wir auch gute Einzelplatzierungen, aber nicht immer kann man Fortschritte nur an kurzfristigen Platzierungen festmachen. Wie gesagt, das Ziel ist Vancouver 2010.
Diesen Winter gibt es in Dresden erstmals einen Weltcup, 2010 dann die Europameisterschaften. Ein besonderes Ziel?
Auf jeden Fall. Mit Leistungen wollen wir dazu beitragen, Shorttrack in Deutschland populärer zu machen. Für die EM 2010 gibt es für die Staffeln kein anderes Ziel als Gold, im Einzel sollten wir zwei Männer und zwei Frauen unter die Top-8 bringen, möglichst auch in die Medaillen.
Der Deutschkanadier Tyson Heung hat nicht mit in Dresden trainiert und fehlt nun in Asien. Planen Sie weiter mit ihm?
Auf jeden Fall. Das Problem war seine soziale Absicherung in Deutschland, deshalb hat er in Montreal für ein Jahr eine Anstellung als Lehrer an einem Gymnasium angenommen. Er trainiert in Montreal mit starken Kanadiern zusammen und wird auch bei den europäischen Weltcups wieder zu uns stoßen. Asien war aufgrund seiner beruflichen Verpflichtungen nicht geplant. Natürlich wäre es für alle besser, wenn er mit in Dresden trainieren könnte. Ich hoffe, das ist in der olympischen Saison möglich, wir suchen derzeit dafür einen Sponsor oder kulanten Arbeitgeber.