Befreiungsschlag für das Nervenkostüm
Drei Tage vor seinem 24. Geburtstag hat Shorttracker Paul Herrmann beim Weltcup-Finale in Marquette (USA) die vom Deutschen Olympischen Sportbund gesetzte Olympianorm erfüllt, indem er das Halbfinale über 1500 Meter erreicht hat. Nach dem Triumph stand der Dresdner Rede und Antwort.
Paul Herrmann, herzlichen Glückwunsch zur Olympianorm. Zum ersten Mal zu Olympischen Winterspielen – wie fühlen sie sich nun?
Na, die offizielle Nominierung muss ich noch abwarten. Aber ich bin erstmal sehr glücklich, mir ist im wahrsten Sinne eine Riesenlast von den Schultern gefallen. Ich bin zwar mit meiner Leistung noch nicht zufrieden, aber mit dem Ergebnis schon.
Das müssen Sie etwas genauer erklären.
Wir haben uns lange und sehr gut vorbereitet, ich fühle mich unheimlich leistungsstark, selbst gestern im Training sind wir nochmal Superzeiten gelaufen. Aber ich konnte das im Wettkampf bisher noch nicht zeigen. Es geht um meiner erste Olympia-Teilnahme, ich bin unheimlich angespannt, in Montreal und heute in Marquette auch. So angespannt wie noch nie in meiner Karriere. Jetzt spüre ich, wie der Druck abfällt, und ich hoffe, das ist wie ein Befreiungsschlag …
… von dem auch die Staffel profitieren könnte?
Das hoffe ich sehr! Ich werde alles geben, dass die ganze Mannschaft nach Vancouver fahren kann. Wir haben es drauf. Und wir werden das zeigen.
Sie sind im Viertelfinale in einem turbulenten Rennen weitergekommen: Sie wurden in die nächste Runde gesetzt, weil Sie durch eine Behinderung benachteiligt worden sind. Was ist genau passiert?
Die taktische Vorgabe von Trainer Éric Bédard lautete, sich so früh wie möglich an den schnellen Kanadier Charles Hamelin (1000-m-Weltrekordhalter) zu hängen und möglichst dranzubleiben. Das habe ich auch gemacht und lag nach zwei, drei Runden auf Platz zwei hinter Hamelin. Dasselbe haben aber auch Confortola und Yoshizawa versucht. Der Italiener wollte außen an mir vorbei, der Japaner innen. Der Japaner hat mich dabei behindert, ich bin zwar nicht gestürzt, bin aber einen Riesenbogen gelaufen und hab den Anschluss verloren. In so einem Moment weiß Du ja nie, was die Kampfrichter entscheiden werden, ich hab also so gut es geht versucht, wieder ranzulaufen. Die Kampfrichter haben sich auch ziemlich lange beraten und noch Videos angesehen …
Was geht einem in diesem Moment des Wartens durch den Kopf?
In dem Fall gar nichts. Ich war so fertig von dem Rennen, es ging ja tempomäßig bis zum Schluss ganz schön zur Sache. Erst als die Disqualifikation und mein Weitersetzen angesagt wurde, war ich wieder hellwach.
Apropos Tempo: Die Zeiten sind im Schnitt deutlich schneller als in Montreal.
Stimmt, und das hat auch seinen Grund, denn das Eis ist deutlich besser. Ich glaube, dass wir hier noch einige sehr schnelle Zeiten, am Sonnabend und Sonntag vielleicht sogar Rekorde erleben werden!
Ihr Mannschaftskollege Robert Seifert hat Marquette auf seiner Website als ein „kleines Dörfchen im Nirgendwo“ bezeichnet. Teilen Sie die Beschreibung?
Naja, es war schon komisch: Wir sind im Dunkeln angekommen, durch einen finsteren Wald gefahren und dann in eine Kleinstadt gekommen, die fast genauso dunkel war. Aber bei Lichte besehen hat das Städtchen seine Reize, mit seiner beschaulichen Lage am Oberen See.
Vielen Dank für die Auskünfte und noch viel Erfolg im „Nirgendwo“, vor allem mit der Staffel!
Hompage des Weltcups in Marquette | ISU-Ergebnisdienst | Renntelegramme Vorrunden