Marion Wohlrab im Gespräch
Das Ziel eines jeden Sportlers ist die Olympiateilnahme. Marion Wohlrab konnte sich diesen Traum 2002 in Salt Lake City erfüllen und startete dort über 500, 1000 und 1500 Meter. Nur wenig später beendete die Bayerin ihre Karriere als aktive Läuferin, die 1990 bei den Junioren-Weltmeisterschaften im japanischen Obihiro ihren internationalen Anfang nahm. Im gleichen Jahr startete die Pfaffenhoferin auch bei der Shorttrack-Weltmeisterschaft in Amsterdam. Die Weltmeisterschaften im Sprint 2000 bis 2002 und die Titelkämpfe auf den Einzelstrecken 2000 und 2001 waren weitere große Wettkämpfe in ihrer Vita. Der größte nationale Erfolg war der Titel bei den Deutschen Meisterschaften 2001 im Sprintmehrkampf.
Mit der 36jährigen sprach am Rande des Weltcups www.speedskatingnews.info.
Marion, du bist mittlerweile Bundestrainerassistentin im Bereich Sprint/Mittelstrecke. Wie verlief deine Entwicklung in den Jahren nach dem Karriereende bis heute?
Ich hatte bereits während meiner aktiven Laufbahn die Trainerausbildung absolviert, wollte während meiner Sportlerlaufbahn was Sinnvolles für die Zukunft aufbauen. 2002 war ich dann im Besitz eines A-Trainerscheins und habe mich auf eine Ausschreibung in Salt Lake City beworben.
Dort wurde ich ab August 2002 „Western Regional Coach“. Da es mit meinem Visum noch etwas dauerte nahm ich noch an den Deutschen Meisterschaften 2002/2003 teil, ehe ich nach Salt Lake City ging. Ab April 2004 war ich dann zusätzlich als „National Team Coach“ in den USA tätig. In dieser Zeit betreute ich unter anderem Erin Porter, Clay Mull, Tyler Goff, Kreg Greer, Michael Blumel und Rebekah Bradford. Letztere startete ja auch hier in Inzell.
Marion WohlrabIm Sommer 2006 sprach mich dann Markus Eicher an, ob ich mir nicht auch eine Tätigkeit in Inzell vorstellen konnte. Da ich aus familiären Gründen ohnehin gern wieder in die Heimat gekommen wäre, passte das Angebot.
So wurde ich OSP-Trainerin in Inzell und war vier Jahre lang für die AK 13-17 verantwortlich. Diese Aufgabe hat mit Denny Leger jetzt ebenfalls ein ehemaliger Eisschnellläufer übernommen.
Nach den Olympischen Spielen 2010 wurde ich schließlich zur Bundestrainerassistentin für Sprint und Mittelstrecke unter Thomas Schubert berufen. Ziel ist es, das wir von den erfahrenen Trainern lernen, gleichzeitig aber auch neue Ideen mit einbringen.
In Amerika verläuft die Ausbildung und das Training sicherlich etwas anders als in Deutschland, was hast du von dort mitgenommen und was konnte schon umgesetzt werden?
In den USA gibt es ja nur wenige 400 Meter Bahnen, Salt Lake City, Milwaukee, Roseville, Butte, Lake Placid und noch eine in Alaska. Für ein solch großes Land ist das sehr wenig. Deshalb wird in den USA von Beginn an dual ausgebildet. Das heißt, es wird sowohl Eisschnelllauf wie auch Shorttrack trainiert, eine Spezialisierung erfolgt sehr viel später.
Es werden sehr viele Wettkämpfe im so genannten Packstyle als Massenstart ausgetragen, sowohl auf der kurzen, wie auch auf der langen Bahn. Durch das intensive Shorttracktraining wird eine hohe technische Ausbildung gewährleistet.
Diese gute technische Ausbildung war eines der wesentlichen Aspekte die ich mit nach Inzell brachte. Wir haben dann schnell 20 Paar Shorttrackschuhe bestellt und mit der dualen Ausbildung auch in Inzell begonnen. Nach einem Jahr Training konnten wir an den ersten Rennen im Shorttrack teilnehmen. Einige Sportler haben sich in dieser Zeit sehr gut weiterentwickelt und das sowohl im Shorttrack, wie auch im Eisschnelllaufen.
Wir können definitiv sagen, dass sich dieser Weg in Inzell bewährt hat, es ist der einzig richtige Weg aus unserer Sicht.
Marion WohlrabMittlerweile trainieren die Sprinter unserer Nationalmannschaft im Trainingslager von Font Romeau ebenfalls Shorttrack. Jenny Wolf hat dies ja bereits erfolgreich vor einigen Jahren praktiziert.
Ich selbst war ja auch als Shorttrackerin aktiv und habe an der WM teilgenommen, doch damals spielte Shorttrack in der DESG überhaupt keine Rolle. So war für mich dann die Entscheidung klar, dass ich zum Eisschnelllaufen wechsele. Wäre die Situation damals schon so wie heute gewesen, dann hätte ich wahrscheinlich Karriere im Shorttrack gemacht.
Im letzten Winter war hier in Inzell eine Baustelle, wie habt ihr in dieser Zeit das Training organisiert?
Wir hatten ja teilweise noch die Möglichkeit auf dem Eis zu laufen, ansonsten haben wir für die jüngeren Jahrgänge das Training in der Eishalle Ruhpolding durchgeführt. Die älteren haben Lehrgänge hauptsächlich in Erfurt durchgeführt. Wir konnten dieses Jahr recht gut überbrücken.
Die Junioren sind international im Moment weit weg von den Spitzenplätzen, die Zahl der Läufer ist sehr gering. Wie sieht die Situation in Inzell aus?
Ja in der Tat ist der Abstand zur Weltspitze bei den Junioren beträchtlich. Ich war bei der JWM 1992 als Neunte die schlechteste der Deutschen, mittlerweile bejubeln wir eine solche Platzierung als großen Erfolg. Da hat sich einiges zum Schlechten verändert.
Aus Inzell war Roxanne Dufter in diesem Jahr bei der Junioren-WM gar nicht am Start. Roxanne ist ein sehr talentiertes und ehrgeiziges Mädchen. Sie hat aber demnächst Abiturprüfungen und will diese gut abschließen, deshalb hat sie sich in diesem Jahr mehr auf den schulischen Bereich konzentriert. Im nächsten Jahr will sie dann aber wieder sportlich angreifen.
Mit Lena Hochreiter, Joel Dufter oder Johanna Gschwendtner und einigen Anderen haben wir einige talentierte Läufer, die sowohl im Shorttrack, wie auch auf der langen Bahn gute Leistungen bringen.
Marion WohlrabWir fangen bereits im Kindergarten mit der Nachwuchsgewinnung an. Anfang November finden für die Kinder aus Inzell, aber auch der weiteren Umgebung bis Traunstein, drei Schnuppertage statt. Die Kinder sollen spielerisch und mit viel Spaß an das Eis herangeführt werden. Von den 45 Kindern die zuletzt teilgenommen haben, kommen immerhin 30-35 jetzt einmal pro Woche zum Training. Dafür braucht man dann aber auch die richtigen Leute, die mit den Kindern altersgerecht umgehen können, und die haben wir in Inzell.
Zudem binden wir möglichst immer auch die Eltern ein. Die sorgen dann unter anderem für die Verpflegung der Kinder.
Wie oft trainieren die Läufer im Alter von 14 oder 15 Jahren und wie wurde das mit den Schulen geregelt?
Im C-Juniorenalter wird bei uns sechsmal die Woche trainiert. Wir haben ja die Partnerschulen des Wintersports, dort kann Schule und Training gut vereinbart werden. Die jungen Sportler haben da schon einigen Aufwand, nach der Schule geht es mit dem Bus nach Hause, dann Essen, Training und danach Hausaufgaben. Das erfordert schon viel Disziplin. Wir wollen uns zudem in die Christopherus-Schule einbinden. Dort gibt es bereits einige Biathleten und wir hoffen nun auch einige unserer Läufer dort unterzubringen
Privatschule, Trainingslager, Wettkampfreisen und nicht zuletzt das teure Material, das kostet sehr viel Geld. Damit dürften einige Eltern finanziell sicherlich überfordert sein. Wie ist das in Inzell geregelt?
In der Tat, die finanziellen Aspekte spielen eine große Rolle. Der Verein versucht da viel aufzufangen, wir haben einen großen Fundus an Eisschnelllaufschuhen, mittlerweile auch an Shorttrackschuhen die wir verleihen können. Was uns noch fehlt sind mehr Helme für den Shorttrack. Bei Eintagesreisen zu Wettkämpfen und Trainingslagern zahlen die Eltern einen Zuschuss von 5 Euro, bei Mehrtagesreisen von 10 Euro pro Tag. Den Rest der Kosten trägt der Verein.
Um die weitere finanzielle Unterstützung des Vereins zu gewährleisten, haben wir vor kurzem einen Förderverein „Vision Ice“ gegründet. Dieser ist im Internet unter www.vision-ice.de erreichbar. Wir freuen uns natürlich über jede Unterstützung. Das gesamte Geld aus diesem Förderverein ist ausschließlich für den Nachwuchs gedacht, denn haben wir keinen Nachwuchs, dann wird es bald auch keine Spitzenläufer mehr geben. Weitere Informationen dazu sind auf der Webseite zu finden.
Mit der Eishalle hatten einige Inzeller in der Planungsphase ihre Probleme. Wie ist die Stimmungslage in der Gemeinde jetzt?
Fast alle Inzeller sind mittlerweile von der Halle überzeugt. Wir hatten ja nun auch schon einige Veranstaltungen hier. Fast jeder hat sich die Halle mittlerweile gesehen. Die Weltmeisterschaft war ein großes Volksfest, dass kommt natürlich an. Auch die neue Speedskating-Academy im alten Krankenhaus ist ein Gewinn für die Gemeinde. Die Stimmung ist mittlerweile fast durchgängig positiv, sicherlich spielt dabei auch eine Rolle das es keine Mehrbelastung für die Gemeinde bei den laufenden Kosten gibt, die sind durch den langfristigen Vertrag mit Max Aicher fast abgedeckt.
In diesem Jahr fanden in Inzell die bayerischen Meisterschaften im Shorttrack statt, sind weitere Veranstaltungen dieser Art geplant?
Ja natürlich. Wir wollen und werden weitere Shorttrackrennen in Inzell austragen. Internationale Meisterschaften kommen hier aber derzeit nicht in Frage, dafür wird ein kostspieliges Mattensystem benötigt, welches wir hier nicht haben. Die Matten die wir haben würden aber auch Deutsche Meisterschaften zulassen.
Marion, du kommst ursprünglich aus Pfaffenhofen. Wie sieht es dort mit dem Nachwuchs aus?
Leider gibt es in Pfaffenhofen nur noch Eishockey. Das ist natürlich schade, aber vielleicht ändert sich die Situation bald wieder.
Vielen Dank für das Gespräch und einen schönen Urlaub, sowie eine erfolgreiche nächste Saison.