Kufenflitzerinnen atmen Höhenluft
Die Höhenluft am Fuß des Pic Carlit (2921 m) ist kernig – und morgens empfindlich kühl. Dennoch fühlt sich die Trainingsgruppe von Cheftrainer Markus Eicher pudelwohl. Nicht zum ersten Mal dient das Pyrenäen-Eldorado Font-Romeu, mehrfach von der französischen Fußball-Nationalmannschaft genutzt, den Eisschnellläufern der DESG als Plattform für eine erfolgreiche Saison. Seit dem 14. August leitet Eicher den Lehrgang im Wintersportparadies, den die meisten Touristen via Schmalspurbahn petit train jaune (kleiner gelber Zug) erreichen.
Das „gelbe Trikot“ der schnellsten Sprinterin peilt Weltmeisterin Jenny Wolf auch 2009 an. Zusammen mit Monique Angermüller, Gabi Hirschbichler (wegen Kniebeschwerden kurzzeitig außer Tritt), Jenny Plate und der aufgrund guter Testergebnisse in Berlin in den A-Kader nachgerückten Denise Roth absolviert die Berlinerin das Programm. Zum Beispiel flotte Runden auf der Kleinbahn mit Shorttrack-Schuhen, aber Thomas Schubert bittet (bis Anfang September) auch zu intensiven Kraft-Einheiten. Heike Hartmann konnte nach einer Knie-Operation Anfang Mai in München bereits wieder größere Trainingsbelastungen absolvieren.
Die Mehrkampfformation setzt Schwerpunkte auf der Rollschuhbahn, Shorttrack-Einsätze sorgen für Abwechslung. Und die Pässe in der Umgebung, mehrfach von den Profis der Tour de France unter die Räder genommen, verlangen Ausdauer bei kilometerlangen Anstiegen per Rennrad. Das Trio Daniela Anschütz, Lucille Opitz und Stephanie Beckert schnupperte vor Font-Romeu bereits im Juli die Höhenluft von St. Moritz – ganz in der Nähe hatte sich Mountainbike-Olympiasiegerin Sabine Spitz den letzten Schliff für ihre Gold-Expedition in Peking geholt. Unter der Leitung von Stefan Gneupel ergänzen neben Katrin Mattscherodt und Alexandra Lipp der Österreicher Christian Pichler und die junge Anna Rokita die Langstreckler-Crew, bei den Sprinterinnen sorgt Christian Falger für multinationales Ambiente. „Das Resultat einer Vereinbarung zwischen dem österreichischen Verband und der DESG, von der ich mir viel erwarte“, so Markus Eicher. „Die Harmonie ist gut, ich setze auf eine Qualitätssteigerung.“
Die Aufgaben in den Pyrenäen sind klar abgesteckt. Der Chefcoach bekommt Gelegenheit, anhand von Videoanalysen beim Shorttrack und beim Rollen technische Optimierungen vorzunehmen. „Wir sind mittlerweile hervorragend ausgestattet, um die Abläufe unmittelbar am Bildschirm verfolgen zu können“, lobt Eicher den Hightech-Einsatz in den Bergen der Pyrénées-Orientales. Elektrische Lichtschranken – beim Sprinttraining – erlauben auf die Hundertstelsekunde genaue Angaben, die Pulsüberwachung gewährt Rückschlüsse, ob im richtigen Belastungsbereich gearbeitet wird.
Nur für olympische TV-Sitzungen blieb in Font-Romeu kaum Zeit. „Lediglich die Zusammenfassungen des französischen Fernsehens am Abend“, berichtet Markus Eicher. Seine Kufenflitzerinnen setzen andere Prioritäten: den langen Anlauf Richtung Winterspiele 2010 in Vancouver.