Jenny’s Olympiafazit
Die Arroganz der Eismeister im Olympic Oval von Richmond war während der Winterspiele das größte Ärgernis für die Olympia-Zweite Jenny Wolf.
“Tagelang haben wir uns über das wellige, unebene Eis beschwert. Aber bei den Eis-Meistern ist das abgeprallt. Sie haben uns nur ausgelacht”, sagte die schnellste Frau der Welt auf dem Eis in ihrer persönlichen Bilanz von Vancouver der Deutschen Presse-Agentur dpa in einem Interview.
Geärgert habe sie vor allem, “dass wir als Athleten mit unseren Sorgen nicht ernst genommen wurden”. Obwohl sich Teamchef Helge Jasch sogar offiziell bei den Eismeistern beklagte, habe man das ignoriert. “Danach ist im Rennen über 500 Meter der Herren die Situation mit den Eismaschinen eskaliert.”
Insgesamt bleiben für die dreimalige Eisschnelllauf-Weltmeisterin über 500 Meter die Spiele trotz ihrer um 4/100 Sekunden verpassten Goldmedaille in guter Erinnerung. “Ich kann aus Vancouver schon eine positive Bilanz mitnehmen, wenn ich sehe, wie es anderen Sportlern geht. Aber das seit zwei Jahren bestehende Ziel habe ich eben nicht erreicht. Da kann ich nicht so schnell einen Haken dran machen.”
Das Olympische Dorf mitten in der Stadt und die Freundlichkeit der Menschen, haben sie begeistert. “Alle waren super nett. Meine Laune war gleich viel besser, wenn ich mit einem Lächeln begrüßt wurde”, schilderte die 31-jährige Hauptstädterin, die nun einen ‘Hammer-Weltrekord’ von 36,80 Sekunden als neue Motivation anstrebt. Bisher steht ihre Bestmarke bei 37,00 Sekunden.
Mit dem Abstand von gut einer Woche zum Rennen relativiert Jenny Wolf die Äußerungen bezüglich eines neuen Angriffs auf Olympia-Gold in vier Jahren. “Vom Alter her wäre das kein Problem. Aber vor Sotschi würde ich wahrscheinlich alles genauso machen. Und daher bin ich nicht sicher, dass ich den Olympiasieg dann wirklich erreichen kann.”
Grund sei nicht in erster Linie die Quälerei im harten Training, sondern eine Kopf-Sache. “Die Frage ist, ob ich mental so gut vorbereitet sein kann, dass es zum Sieg reicht. Ich bin eben eine, die viel an sich zweifelt.”
Für die kommende Saison plant die Super-Sprinterin, die in Richmond der überraschend starken Südkoreanerin Lee Sang-Hwa den Vortritt lassen musste, nun eine radikale Veränderung ihrer Trainings-Abläufe und Renn-Strukturen. “Ich habe seit zehn Jahren keinen Wettkampf ausgelassen. Jetzt muss ich sehen, dass sich mein Körper erholt”, kündigte sie längere Pausen an und gab zu: “Irgendwie hat man das Gefühl, dass man etwas verpasst, wenn man alles Persönliche so weit hinten anstellt.”
Für den kommenden Sommer ist die Hochzeit geplant. Ihren Verlobten Oliver Lotze hatte sie vor Olympia nur eine Woche gesehen, weil dieser als Offizier der Bundeswehr vom September 2009 bis Ende Januar 2010 im Kosovo-Einsatz weilte. “Noch ist unklar, wie groß wir die Hochzeit feiern. Wenn das alles riesig wird, müssen wir das länger vorbereiten. Vielleicht gehen wir aber auch nur einfach auf das Standesamt. Alles ist offen.”
(Quelle: Frank Thomas/dpa mit freundlicher Genehmigung)