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Grüße aus Seoul – Teil 3

Author: Redaktion Friday, March 12th, 2004 No Commented Under: Eisschnelllauf

Matthias Opatz berichtet für desg.de aus Seoul

WM-Tagebuch- Freitag

Normalerweise kann man es hören, wenn eines Eisschnellläufers Zeit an der Anzeigetafel aufleuchtet, die den Weltmeistertitel bedeutet. Normalerweise tobt da das Publikum – ganz egal, woher der Sieger kommt. In Seoul tobte, bis auf Trainer Eicher und das deutsche Team, niemand. Nicht, dass es am Temperament des Publikums gelegen hätte. Es war einfach keins da. Nicht mehr.

Noch bei der Eröffnung und den ersten 500 Metern der Männer waren die Reihen gut gefüllt. Zumeist junge Menschen waren’s, mit einheitlicher Kleidung – Schuluniformen. Ob es die Uhrzeit war, um die normalerweise die letzte Schulklingel läutet, ob’s die Kola war, die man nach einer Sperrzeit endlich vom Lehrer bekommen hatte – jedenfalls leerten sich anfangs des 1500-m-Rennens, als noch kein einziger Weltmeister gekürt war, schlagartig die Ränge. Schade. An der großartigen Leistung der Friesinger, Wotherspoon oder Hedrick allerdings ändert das kein Stück.

Stimmen aus dem deutschen Team

Anni Friesinger (Inzell), Weltmeisterin 1500 m
Das war heute unglaublich hart, aber ich bin total happy, dass ich meinen Weltmeistertitel verteidigen konnte. Die Unterbrechung wegen der defekten Zeitnahme hat natürlich an den Nerven gezehrt, aber das ging den anderen ebenso. Ich habe versucht cool zu bleiben und mich auf mein Rennen zu konzentrieren. 1500 Meter sind ohnehin für mich die härteste Strecke, dazu kam das schwere Eis. Aber egal, es war für alle gleich. Als ich über die Ziellinie kam, fühlte ich nur den Schmerz, sah aber zu Anzeigetafel rauf und war unheimlich erleichtert. Jetzt habe ich meine Plicht erfüllt, was jetzt kommt, ist Zugabe. Über 3000 Meter kännte es sein, dass Läuferinnen ohne die 1500 Meter in den Beinen einen kleinen Vorteil haben, aber ich werde mein Bestes geben.

Markus Eicher (Inzell), Trainer von Anni Friesinger
Ein Super-Rennen von Anni, sie hat verdient gewonnen. Sie hat sich in den letzten Wochen nach Hamar einfach wieder unheimlich gefestigt, ist lockerer geworden. Und bei diesem Eis musste sie zwar an ihre Grenzen gehen, konnte aber auch ihre Stärken ausspielen. Das war alle andere als Sahne-Eis, das war Kampf-Eis.

Lucille Opitz (Berlin), 21. Platz über 1500 Meter
Bei mir lief heute gar nichts, das Eis war schwer, und dazu war ich den ganzen Tag schon matt. Vielleicht ist es Zeitverschiebung, ich weiß es nicht, ich bin jedenfalls sehr enttäuscht. Aber auch so ist der Sport.

Thomas Schubert (Berlin), Trainer von Lucille Opitz
Das war leider nichts heute. Lucille hat ihren Schritt nicht gefunden, nur Krampf, auch für mich einigermaßen unerklärlich, nachdem es gestern im Training noch besser ging. Naja, jeder hat irgendwann so ein Rennen, es ist nur Pech, wenn das ausgerechnet bei der Weltmeisterschaft passiert.

Rene Taubenrauch (Erfurt), 12. Platz über 5000 Meter
Ich habe die Zeit geschafft, die ich mir vorgenommen habe, und – was fast noch besser ist – ich habe Mehrkampf-Vizeweltmeister Shani Davis geschlagen. Er hat eine elf Sekunden schnellere Bestzeit, konnte aber nie viel Abstand herauslaufen. Als ich dann auf den letzten Runden gemerkt habe, dass er wieder näherkommt, habe ich die Chance natürlich genutzt und nochmal alles gegeben. Mal sehen, was über 10 Kilometer möglich ist.

Jens Boden (Dresden), 14.Platz über 5000 Meter
Nach einer Erkältung, erst seit Dienstag konnte ich wieder schnellere Sachen trainieren, wusste ich nicht, was ich drauf habe. Das Eis war schwer, und so bin ich ganz zufrieden mit meinem Rennen und meinem Platz.

Frank Dittrich (Chemnitz), 11. Platz über 5000 Meter
Das ist nicht das, was ich hier erreichen wollte, und bin natürlich enttäuscht. Schon nach drei Runde hatte ich kaum noch Luft. Zudem bin ich dann zweimal bei Wechselproblemen aus dem Rhythmus gekommen. Ich wollte Grødum im direkten Duell schlagen und hatte damit Platz acht im Visier. Dieses Ziel habe ich jetzt über die 10’000, aber es wird ganz, ganz schwer.

Stephan Gneupel (Erfurt), Trainer von Rene Taubenrauch sowie der 1500-m-17. Daniela Anschütz
“Taube” ist hier ganz herrvorragend gelaufenden und hat mit einer tollen kämpferischen Leistung den Spieß umgedreht, denn Davis war klarer Favorit. Das ist vor allem ein Schub fürs Selbstbewusstsein. Bei Daniela ging hingegen nicht viel, sie klagt schon seit Tagen über Übelkeit.

“Bin schwere Bedingungen aus Inzell gewohnt” -Gespräch mit 1500-m-Weltmeisterin Anni Friesinger

Glückwunsch zur Weltmeisterschaft über 1500 Meter! Bahnt sich hier eine Wiederholung des Dreifach-Triumphs von Berlin 2003 an?

Bestimmt nicht. Berlin war einfach eine Sternstunde, solche hat man als Sportler manchmal nur einmal. Natürlich werde ich alles geben, aber mein Ziel war ein WM-Titel, alles andere ist Draufgabe.

Das Eis war sehr weich und schwer zu laufen. Kam ihnen das entgegen?

Einerseits schon, denn als Inzellerin bin ich es gewohnt, mich mit widrigen Bedingungen auseinanderzusetzen, sei es Kälte, Schnee oder ganz verschiedene Eisbedingungen. Hier waren die Bedinungen zwar nicht so gut, aber für alle gleich, vielleicht konnte ich mehr daraus machen als ein reiner Hallenläufer. Andererseits haben diese 1500 Meter dadurch sehr, sehr viel Kraft gekostet. Die nächsten Gegner, die heute frei hatten, haben daher sicher einen kleinen Vorteil.

Sind sie auf die Zeit der bis zum letzten Paar führenden Clara Hughes gelaufen?

Nein, ich laufe immer mein eigenes Rennen und orientiere mich an meiner unmittelbaren Gegnerin. Überrascht war ich aber nicht, dass sie eine für das Eis so gute Zeit hingelegt hat.

Durch den Rückzug der erkrankten Mehrkampf-Weltmeisterin Renate Groenewold gibt es eine neue Ansetzung – statt gegen Greta Smit laufen Sie gegen Claudia Pechstein. Wenn Sie die Wahl hätten, was wäre ihnen lieber gewesen?

Das ist mir eigentlich egal, ich nehme es so, wie’s kommt. Man muss sich auf jeden Gegner einstellen können und am Ende sein eigenes Rennen laufen.

Sie waren vor diesen Weltmeisterschaften sehr locker, man sah Sie oft beim Einkauf in der Stadt oder beim Internet-Surfen. Was ist das Geheimnis dieser Entspanntheit?

Wenn ich trainiere oder Wettkampf laufe, was mein Job ist, dann mache ich das zu 100 Prozent, da gebe ich alles. Das andere ist mein Gegenpol zu meiner Arbeit. Da finde ich einen Ausgleich, aus dem ich Kraft ziehe.

Sie scheinen, im Unterschied zu manchen Teamgefährten, auch gut mit Land und Leuten hier zurechtzukommen …

Für die anderen kann ich nicht sprechen, ich selbst bin das erste Mal in Korea und fühle mich sehr wohl. Die Leute sind nett, Seoul hat viel zu bieten, und man kann in der Tat sehr entspannt und erfolgreich Einkäufe machen.

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