Erlebnis zählt mehr als Ergebnis
André Unterdörfel startet als Berlins schnellster Inline-Skater beim Marathon
Von Jörg Rößner
Vor einem Jahr beendete André Unterdörfel den Marathon der Inline-Skater mit nur zwei Sekunden Rückstand auf den Sieger Juan Carlos Betancur aus Kolumbien. In fast jeder anderen Sportart bedeutet so ein knapper Abstand auf den Ersten des Wettkampfs eine vordere Platzierung – aber nicht bei den Inlinern. Der 26-Jährige lief “nur” auf Rang 44 und erklärt lächelnd: “In zwei Sekunden passen eben eine ganze Menge Skater – vor allem, wenn die Straßen so breit sind wie in Berlin.” Trotzdem wurde Unterdörfel mit seiner Zeit (1:02:05 Std.) bester Einheimischer, obwohl es gar nicht sein erfolgreichstes Rennen in der Hauptstadt war: “Als wir 1997 zum ersten Mal im Rahmen des Marathons starteten, bin ich sogar Achter geworden”, erinnert er sich.
Das ist insofern erstaunlich, als dass Unterdörfel, der Sport und Mathematik auf Lehramt an der Humboldt-Universität studiert, sich während seines Trainings eigentlich auf eine ganz andere Sportart konzentriert, die er in einem “typischen DDR-Weg” seit seinem zwölften Lebensjahr betreibt: Eisschnelllauf. “Allerdings absolviere ich den Großteil meiner elf bis zwölf Sommer- Trainingseinheiten pro Woche auf Inline-Skates.” Nach der Wende wurde Unterdörfel auf das Inline- Skaten, das damals noch “Rollschnelllauf” hieß, aufmerksam, fand schnell Gefallen an der Trendsportart und blieb dabei.
Sein größter Erfolg waren zwei deutsche Meistertitel über 300 und 500 m innerhalb von zwei Tagen im Jahr 1999. Dass er bei international hochklassig besetzten Läufen wie dem Berlin- Marathon am Sonnabend nie eine echte Siegchance haben wird, macht ihm nichts aus: “Wenn ich nach ganz vorne wollen würde, bräuchte ich eine stärkere Mannschaft. Die Top-Teams haben jeweils sechs, sieben Weltklasse-Läufer dabei, die auf den letzten Kilometern den Sprint für ihren Besten anfahren.” Allerdings richten sie ihr Leben nach den Wettkämpfen aus und reisen deshalb fast das ganze Jahr um die Welt. Das ist für Unterdörfel, der seit diesem Jahr für das neu gegründete Berliner “Vero Skate Team” startet, kein Thema: “Es ist für mich eine Ehre, in solchen Feldern mitzulaufen.”
Für den fünften Berliner Start, der zugleich sein letztes Inline-Rennen dieser Saison ist, wünscht er sich gutes Wetter (“Das ist für uns immens wichtig. Bei Regen wird der Lauf zum Glücksspiel.”) und freut sich darüber, dass nur sehr wenige Freunde an der Strecke stehen werden: “Die meisten laufen selbst mit, das ist ein tolles Gefühl.”
Und auch beim Ergebnis setzt Unterdörfel andere Prioritäten: “Natürlich hoffe ich auf einen Platz unter den ersten 30 und irgendwann mal auf ein Rennen unter einer Stunde. Aber das Wichtigste ist das Erlebnis, nicht das Ergebnis.”
Der Text erschien am 23. September in der “Berliner Morgenpost” Veröffentlichung auf desg.de mit freundlicher Genehmigung der “Berliner Morgenpost” und des Autors