Der neue Blick auf die Heimat
“Ich habe meine Heimat quasi neu kennengelernt”, sagt Gabi Hirschbichler nach ihrem Rücktritt vom Leistungssport. Die Inzeller Eisschnellläuferin hatte im März ihre Karriere beendet und genießt nun ihr neues Leben.
»Es ist schön, mehr Zeit zu haben und ich kann viele Sachen machen und genießen. Normalerweise wäre ich jetzt schon wieder in der Saisonvorbereitung«, so die 35-Jährige. Auch über einen Urlaub in Vietnam konnte sich Gabi Hirschbichler im Frühjahr freuen. Gleich nach ihrem letzten Wettkampf genoss sie ihre Freizeit mit Langlaufen und Skifahren. »Ich habe die Entscheidung zum Rücktritt nicht bereut und alles richtig gemacht. Schließlich war der Entschluss auch nicht spontan«, verrät sie.
Schon nach den Olympischen Spielen 2018 hatte sie ein Karriereende in Betracht gezogen. Wegen der Einzelstrecken-Weltmeisterschaft in diesem Jahr in der heimischen Max-Aicher-Arena hing sie aber noch eine Saison ran. »Ich hatte immer noch die Weltmeisterschaft 2011 in Inzell im Hinterkopf, das war ein tolles Erlebnis. Ich habe das nicht bereut, in Inzell nochmal zu starten«, betont sie.
Neben der WM in Inzell entschloss sich die Spezialistin auf den kurzen und mittleren Strecken auch noch zu einem Start bei der Sprint-Weltmeisterschaft in Heerenveen. Während sie dort in den Niederlanden von den Oranje-Fans frenetisch verabschiedet wurde, war es in Inzell vor allem die Atmosphäre mit Freunden und Familie, die sie begeisterte. »Bei den 1000 Metern waren alle in der Halle, vom Einjährigen bis zur 88-Jährigen. Alle, die mir wichtig sind, waren gekommen. Ich habe das Rennen genossen und mich im Ziel richtig freuen können.«
Kurz danach in Heerenveen hatte der Hallensprecher bereits im Vorfeld angekündigt, dass Gabi Hirschbichler über 1000 Meter ihr letztes Rennen ihrer Karriere bestreiten würde. »Da hat es mich richtig gepackt und ich war sehr gerührt. Es war ein Lauf wie auf Wolke Sieben. Am Schluss sind alle Zuschauer aufgestanden und haben mich gefeiert. Das war Gänsehaut pur«, freut sie sich auch noch jetzt.
Die Frage nach dem »Schwarzen Loch«, in das viele Sportler nach dem Laufbahnende quittiert sie mit einem Lächeln. »Zuerst war es wie immer, wenn die Saison vorbei ist. Komisch ist es erst wieder, wenn die anderen mit dem Training anfangen. Da war ich mir nicht sicher, wie das ist. Ein wenig Lust aufs Eis war schon da. Schließlich habe ich den Sport jahrelang und sehr gerne gemacht«, lässt sie sich entlocken.
Praktikum mit Kindern und Trainerschein
Mittlerweile hat sich die 35-Jährige bereits einige Berufe angeschaut, um eine Ausbildung zu machen. Aktuell macht sie ein Praktikum beim HPZ in Ruhpolding. Dort werden Kinder und Jugendliche speziell gefördert. »Ich kann gut mit jungen Menschen umgehen und könnte mir schon vorstellen, in diesem Berufszweig was zu machen.«
Doch ganz ohne Eis geht es auch bei Gabi Hirschbichler nicht. Im August führt sie der Weg für zehn Tage zurück auf den glatten Untergrund. Sie will Trainerin werden und den A-Schein machen. Deswegen macht sie ein Praktikum bei der Nationalmannschaft.
»Ich will irgendwann an der Basis im Juniorenbereich arbeiten und ich freue mich schon darauf«, sagt sie. Hirschbichler will später den Jugendlichen einiges mitgeben, zum Beispiel, dass man nie aufgeben darf. Auch wenn die Steine, die im Weg liegen, noch so groß sind.
»Man muss auch für so etwas die Disziplin aufbringen«, erzählt sie aus eigener Erfahrung. 2012 war sie vorübergehend aus dem Sportförderprogramm genommen worden und stand quasi vor dem sportlichen »Nichts«. Doch die Inzellerin hat sich durchgebissen. Sie schloss sich der Juniorengruppe des damaligen Trainers Danny Leger an. Durch ihre Leistungen konnte sie sich für die Olympischen Spiele 2014 qualifizieren.
Die »harte Schule« macht sich bezahlt
»Im Nachhinein war das Erlebnis gut für meine Karriere. Ohne den Schritt zu Danny hätte ich es nie zu Olympia geschafft. Ich habe damals durch die harte Schule gehen müssen. Darum blicke ich auch ohne Zorn zurück. Ich will aber, dass so was jungen Sportlern nicht passiert«, sagt sie energisch. In der Erinnerung an ihre Karriere ist das fest verankert.
Aber auch die positiven Dinge wie zwei Teilnahmen an Olympischen Spielen und den beiden Heimweltmeisterschaften in Inzell. Dort hat sie übrigens auch ihren ersten Weltcup bestritten.
Dankbar ist sie allen ihren Trainern. So Janina Friesinger, die ihre erste Trainerin war. Aber auch von Danny Leger und dem ehemaligen Bundestrainer Jan van Veen habe sie viel gelernt. Dankbar ist sie auch für die Unterstützung durch die Familie, von Freunden und der Bundeswehr. »Ich würde alles wieder genauso machen«, sagt sie rückblickend.
Zweitveröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Siegi Huber
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