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Christian Breuer: „Größte Baustelle ist Doping“

Author: Gastauthor Saturday, January 5th, 2008 No Commented Under: Nachrichten
DESGphoto Christian Breuer DESGphoto / L. Hagen

Als Vorsitzender des Aktiven-Beirats im Deutschen Olympischen Sportbund will Christian Breuer die Bedingungen für die Sportler verbessern.

Grefrath. Christian Breuer war über Jahre Deutschlands bester Eisschnellläufer. Nach seinem Rücktritt vom aktiven Sport 2006 ist der 31-Jährige seit kurzem Vorsitzender des Aktiven-Beirats und Mitglied im Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).

Herr Breuer, Sie sind nicht mehr aktiv, aber dennoch Vertreter der Aktiven im DOSB. Wie passt das zusammen?

Breuer: Das ist nicht ungewöhnlich. Es gab häufig Vorsitzende, die nicht mehr aktiv waren. Der Grund ist einfach die Zeit. Als Leistungssportler hat man zu wenig davon, um das Amt nebenbei auszuführen. Und so lange bin ich ja noch nicht raus. Ich habe noch eine gute Bindung zu den Sportlern.

Welche Aufgaben nimmt die Aktiven-Vertretung wahr?

Breuer: Wir sind die Stimme der Athleten. Die Sportler können sich über uns Gehör im Verband verschaffen und Probleme ansprechen. Unser Ziel ist es, dem Sportler den Rücken frei zu halten.

Nur unter den besten Bedingungen können die besten Leistungen abgerufen werden. Wichtige Themen sind Förderung, Ausbildung und die Doping-Bekämpfung.

In Sachen Doping war 2007 vielleicht das schlimmste Jahr für den Sport. Wie kann man das Problem in den Griff bekommen?

Breuer: Das ist die größte Baustelle, die wir zu bearbeiten haben. Die Politik fordert immer schärfere Kontrollen. Dann sage ich: Stellt ausreichend Geld für den Kampf gegen Doping zur Verfügung. Die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) ist personell immer noch zu schlecht besetzt. Sie kann nur einen Bruchteil ihrer Aufgaben wahrnehmen. Die Sportler sind bereit für die totale Transparenz. Die Bedingungen sind aber noch nicht in vollem Umfang gegeben.

„Kontrollen überall und jederzeit sind sinnvoll, aber die Einschränkungen für den Sportler sind zu groß.“

Was meinen Sie mit fehlenden Bedingungen?

Breuer: Es werden nicht alle technischen Möglichkeiten ausgeschöpft. So muss ein Sportler zum Beispiel einen Drei-Monats-Plan einreichen. Er muss jetzt angeben, wo er sich am 27. Februar aufhält. Das ist unmöglich. Kurzfristige Meldeverfahren, zum Beispiel per SMS, könnten eine Lösung für die Zukunft sein. Kontrollen überall und jederzeit sind sinnvoll, aber die Einschränkungen für den Sportler sind zu groß. Wenn er für drei Stunden woanders hinfahren will, muss er Angst haben, eine Kontrolle zu verpassen.

Eine anderer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist eine bessere berufliche Ausbildung für die Sportler. Wie kann das konkret aussehen?

Breuer: Was Bundeswehr und Bundespolizei leisten, ist gut und wichtig. Aber die Hochschulausbildung für deutsche Leistungssportler läuft noch schleppend. Das machen uns die Amerikaner mit ihrem Stipendienprogramm vor. Mit den meisten Sportarten kann man nicht sein ganzes Leben finanzieren. Die Kooperation zwischen Sportverbänden und Universitäten muss noch besser werden. Ein flexibles Studium, in dem man während der Karriere auch mal eine Klausur verpassen darf, wäre der richtige Weg.

Beim Ausblick auf das Jahr 2018 und möglicher olympischer Winterspiele in München – wie sehen Sie die Chancen der deutschen Bewerbung?

Breuer: Die Welt hat bei der Fußball-WM 2006 gesehen, was hier in Deutschland möglich ist. Im Endeffekt ist die Entscheidung aber Sache des IOC. Auf jeden Fall wäre München 2018 eine große Chance für den deutschen Wintersport. Dazu müssen wir aber jetzt anfangen, die 13- und 14-jährigen Talente noch besser zu fördern.

Christian Breuer

Geboren am 3. November 1976. Seine Laufbahn begann er auf der Eisbahn im niederrheinischen Grefrath beim dortigen Eisschnelllauf-Club.

Karriere: 15 Deutsche Meistertitel und zwei Teilnahmen an Olympischen Spielen (1998, 2002). Sein größter Erfolg war der neunte Platz über 1500m in Nagano 1998.

Beruf: Neben dem Sport begann er 1996 eine Ausbildung bei der Bundespolizei. Heute ist der Polizeiobermeister Anwärter auf die Kommissarslaufbahn.

Familie: Breuer ist seit 2006 verheiratet und hat eine einjährige Tochter.

04.01.2008
Das Gespräch führte Tobias Klingen
Quelle: https://www.wz-newsline.de/?redid=190762

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