Shorttracker Torsten Kröger: Familien-Sport
Eisschnelllauf-Familie, Shorttrack-Familie – gern gebrauchte Begriffe, die bildhaft darauf zielen, dass man sich gut kennt in der Szene, meist brüderlich und hilfsbereit zueinander ist. Im Fall des Rostocker Shorttrackers Torsten Kröger (22) und seiner Brüder Hannes (20) und Arnold (16) ist es aber mehr als eine Metapher. Vor acht Jahren verstarb ihre alleinerziehende Mutter, plötzlich standen sie ohne „richtige“ Familie da.
„Das war ein harter Schlag für die Jungs“, erinnert sich die Trainerin Karin Schmidt vom ESV Turbine Rostock, „wir haben uns damals tüchtig reingehängt, ich wurde fast so etwas wie eine Ersatz-Mutter, habe mich um viele Dinge auch außerhalb des Sports gekümmert.“ Dabei half ihr sicher die Tatsache, dass sie schon viel länger einiges mit der Familie verbindet. Schmidts Mutter Gerda Hoffmann, heute 85 Jahre alt, hatte die Mutter der Brüder vor 40 Jahren trainiert. Sabine Kröger war unter ihrem Mädchennamen Kordua ebenso wie Karin Schmidt (Hoffmann) Eisschnellläuferin in Rostock. Shorttrack gab es damals noch nicht, stattdessen sogenannte Kleinbahnrennen auf dem Eishockeyfeld (die heute nur noch in Crimmitschau gepflegt werden).
Während Arnold, der jüngste der Kröger-Brüder, in eine Pflegefamilie kam, bezogen Torsten und Hannes ein Zimmer in einem Haus für betreutes Wohnen. Neben den Betreuern sah auch Karin Schmidt regelmäßig nach dem Rechten. Heute sagt Torsten Kröger: „Der Tod unserer Mutter hat mich damals sehr schwer getroffen, und ich vermisse sie auch jetzt noch oft. Aber heute kann ich darüber offen reden“, so der Rostocker, der seit zwei Jahren seine Zelte in Dresden aufgeschlagen hat, aber weiter für Turbine startet. „Ohne den Sport und den Verein wäre vielleicht manches anders gekommen, sicher nicht besser. Ich hatte dort alle meine Freunde, ich hatte Spaß am Sport, aber auch Ziele und Leute, die zu mir standen.“ Oft genug hat er Karin Schmidt sein Herz ausgeschüttet.
Torsten KrögerInzwischen zählt Torsten Kröger zu den hoffnungsvollsten Shorttrackern der zweiten Reihe, Tendenz steigend. Er gehört dem Weltcup-Kader an und hat damit die Chance, sich für die Olympischen Winterspiele zu qualifizieren. „Wir sind in Dresden ein tolles Team. Es ist hart, macht aber auch Spaß“, erzählt Torsten, der seinen Sport seit drei Jahren praktisch professionell betreiben kann. Nach seiner Berufsausbildung zum technischen Zeichner hatte er einen Platz in der Sportfördergruppe der Bundeswehr ergattert. Das gelang auch Bruder Hannes, der nach einer sportlichen Krise jetzt wieder angreifen will und ebenfalls nach Dresden gezogen ist, nachdem seine Sportförderung im Sommer auf der Kippe stand.
„Wir wohnen aber nicht zusammen“, sagt Torsten. Ihm ist das momentane Single-Dasein recht. „Ich bin zwar gerne unter Menschen, aber das bin ich ja sowieso den ganzen Tag“, meint er. „Da ist es schön, wenn man am Abend seine Ruhe hat.“ Nur eines sollte er allein besser in den Griff kriegen: „Ich muss mich manchmal zum Essen zwingen. Trainer Éric Bédard hat es mir gesagt, und ich weiß es auch selbst, dass ich ein bisschen mehr auf die Rippen kriegen muss, um mich auf dem Eis besser durchzusetzen.“
Auch der Kontakt des Wahl-Dresdners in seine Heimatstadt ist vor allem sportbezogen. „Wenn Torsten mal hier ist, schaut er natürlich bei uns beim Training vorbei“, sagt Karin Schmidt, „für die jüngeren Shorttracker ist er ein Vorbild. Aber auch sonst lassen wir Mecklenburger den Kontakt nicht so leicht abreißen. Zu Aika Klein, die ja schon ein paar Jahre länger in Dresden trainiert, habe ich nach wie vor einen sehr guten Draht. Und das bleibt hoffentlich auch mit den Krögers so.“ (mo)