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Argentinisches Debüt in Inzell

Author: Dirk Gundel Friday, December 16th, 2005 No Commented Under: Eisschnelllauf

Mit José Ignazio Fazio tauchte beim Weltcup in Heerenveen ein neuer Name in den Weltcupstartlisten auf. Nach seinen respektablen Ergebnissen in Heerenveen erhielt der 20jährige Argentinier auch für Starts bei den Weltcups in Turin und Inzell grünes Licht von der ISU.

Am Rande des Weltcups in Inzell sprach Dirk Gundel mit José und seinem Betreuer Marnix Koolhaas (Niederlande).

José, wie verlief dein bisheriger sportlicher Werdegang

Ich habe in Argentinien sehr viel Sport getrieben. Vor allem Laufen, Mountainbike und Inlineskaten. Bei uns ist Inlineskaten eine sehr beliebte Sportart und die fünffache Weltmeisterin Nora Vega ein Megastar. Im Rahmen des Rotary Change Programms weilte ich von 2003-2004 im kanadischen Thunder Bay. Dort habe ich neben meinen bisherigen Sportarten auch sehr viel Eishockey gespielt und ein paar mal bin ich auch Shorttrack-Runden gedreht.
Und als dann im Juli 2004 auf dem Lago Argentino in El Calafate ein Eisschnelllaufwettkampf ausgeschrieben war, habe ich mich einfach mal gemeldet.

Marnix, ein Eisschnelllaufwettkampf in Patagonien, dass ist ja nichts alltägliches, wie kam es denn dazu ?

Die Organisatoren des Weißensee-Eismarathon wollten auch im Sommer einen Marathonwettkampf durchführen, und da bot sich Argentinien (die zu dieser Zeit Winter haben) geradezu an.

Der Lago Argentino ist sehr günstig gelegen und bot die Möglichkeit eine etwa 5 Kilometer lange Runde abzustecken. Geplant war der Marathon als “Maxi Marathon” zu Ehren unserer Prinzessin Maxima, die ja aus Argentinien stammt.

Es wurde mit einer Fluggesellschaft günstige Preise ausgemacht, da die Gesellschaft aber “Pleite ging”, war es nicht mehr möglich preisgünstige Arrangements zu bekommen. So wurde der Marathon kurzfristig abgesagt.

Ich selbst hatte beruflich auf den Falkland-Inseln zu tun und reiste trotzdem nach El Calafate.

Dort wurde durch den örtlichen Verein ein Eisfest organisiert, bei dem neben Eishockey auch Kunstlauf angeboten wurde. Da zu meiner Überraschung noch einige meiner Landsleute angereist waren, entschlossen wir uns einen Eisschnelllaufwettkampf zu organisieren.

So haben wir mit einigen Aufwand eine 250 Meter Bahn auf dem spröden Eis geschaffen, abgesteckt und mit Plakaten im Clubhaus für die Tropheo Alexia (Prinzessin Maxima hatte eine Woche zuvor ihre Tochter Alexia zur Welt gebracht) geworben.

Etwa 20 Mädchen und Jungen sowie drei Männer nahmen am Wettkampf teil. Dabei wurden 250 Meter Vorläufe und 500 Meter Finals ausgetragen.

José bist du extra für den Wettkampf angereist oder warst du eher zufällig da ?

Ich wollte am Eishockey Turnier teilnehmen und da habe ich die Chance genutzt und bin auch beim Eisschnelllaufen angetreten, was ich dann ja auch gewonnen habe.

Danach haben mich die Niederländer angesprochen, ob ich mich nicht in diesem Sport versuchen möchte.

Marnix, wie ging es dann weiter

Wir haben natürlich gesehen, dass José schon Eiserfahrung hatte und wollten ihm ermöglichen mal in den Niederlanden zu trainieren und an Wettkämpfen teilzunehmen.

Das kostet aber sicher eine Menge Geld …

Ja das ist natürlich richtig. Aber das Beispiel José zeigt, dass Eislaufen in Holland mehr als nur Sport ist, schon fast eine Philosophie.

Wir haben viel Unterstützung erhalten, man kann gar nicht alle nennen.

Den Flug hat die Weißensee Organisation bezahlt, die Schlittschuhe bekam José vom Viks-Marathon-Team bei dem er auch mitlaufen darf.

Ein Zimmer im Gästehaus von Johan Zonderland in Heerenveen hat José Mitte Oktober kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen und, und..

Als Trainer hat sich der ehemalige Sprinter Henk Hospes zur Verfügung gestellt.

Wenn man die Ergebnisse von José betrachtet, dann fällt auf, dass er 100 Runden Marathons läuft, aber auch ganz kurze Strecken wie jetzt die 100 Meter in Inzell. Worauf soll sich José denn konzentrieren ?

In der Tat läuft José auch bei den Marathons ab und zu mit, schon am zweiten Tag in Europa lief er das erste Mal im Feld mit (Einwurf José: aber nur 25 Runden). Der Schwerpunkt soll aber zukünftig im klassischen Eisschnelllaufen liegen.

In der niederländischen Presse gab es ein großes “Bohei” um José, warum ?

Der Zufall, will es, dass der Großvater von José, der Bruder der Großmutter von Prinzessin Maxima war. Dass der Eisläufer mit der Prinzessin verwandt ist hat bei uns für ein großes Aufsehen gesorgt.

In den internationalen Wettkämpfen läuft José nicht unter der argentinischen Flagge sondern unter dem Kürzel ISU, wie kommt dass ?

Argentinien ist zwar Mitglied der ISU aber keine Mitglied bei den Eisschnellläufern. Das war uns erst gar nicht bewusst. Normalerweise hätte José deshalb gar kein Startrecht bei internationalen Wettkämpfen, aber da kam uns die ISU entgegen und lässt José nun aber unter dem Kürzel des Verbandes starten.

Was kann man tun um dies zu ändern ?

Für uns ist es wichtig, nicht nur José als Person aufzubauen, sondern in Argentinien und vielleicht weiteren Ländern in Südamerika das Eisschnelllaufen auf eine Basis zu stellen.

Die UVEPA (Argentinische Inliner Organisation) hat bereits angedeutet dass man zukünftig die Eisschnelllaufaktivitäten ausbauen will.

Mit dem Vater von José sowie der argentinischen Inlinelegende Nora Vega im Vorstand sollte dieses Vorhaben gelingen.

In der südlichsten Stadt der Welt (Ushuaia) gibt es einen guten Inlineverein. Dort haben wir eine große Eisfläche, und könnten im Winter Eisschnelllaufen und im Sommer Inlineskaten.

Unser Ziel ist es bereits im kommenden Sommer in Ushuaia den Argentinischen Eislaufverband zu gründen.

Mit der Gründung eines Verbandes ist es aber noch nicht getan…

Natürlich nicht, um den Eisschnelllauf betreiben zu können benötigt man Material, Bahnen, Helfer und natürlich auch Trainer.

Was das Material betrifft haben wir schon erfreuliche Mitteilungen. KIA und YACHT, die beide viele Sportler sponsern, haben das Projekt “Schnellläufer für Schnellläufer” ins Leben gerufen. Spitzenathleten stellen Material das sie nicht mehr benötigen für junge Sportler zur Verfügung.

So haben wir zum Beispiel für Argentinien 200 Paar Schlittschuhe zusammenbekommen.

Zudem hoffen wir nach Gründung des Eisschnelllaufverbandes auf Unterstützung durch das Nationale Olympische Komitee und der ISU.

Um weitere Talente zu finden und ein größeres Interesse für den Eisschnelllauf zu wecken, sind Wettkämpfe in Ushuaia und El Calafate im kommenden argentinischen Winter geplant.

José, bei welchen Wettkämpfen bist du demnächst zu sehen ?

Ich lege jetzt erst mal eine Pause ein und fliege am Montag zurück nach Argentinien. Ich werde in der Staatlichen Universität in Mar del Plata ein paar Zwischenprüfungen für mein Examen schreiben.

Dann komme ich im Januar wieder zurück nach Heerenveen um dort eine Ausbildung an der Trainerakademie zu beginnen.

Ich möchte mein erworbenes Wissen dann später in Argentinien weitergeben und dort selbst als Trainer arbeiten und weitere Trainer ausbilden.

Und die eigene sportliche Laufbahn ?

Ich will Studium und Training miteinander verbinden. Da gibt es ein paar Möglichkeiten, z.B. in Calgary oder in Salt Lake City oder aber in Groningen. Wie es sich genau entwickelt werden die nächsten Monate zeigen.

Marnix, du organisierst nicht nur die Laufbahn von José sondern tust darüber hinaus viel für die Entwicklung des Eislaufens in Argentinien, was treibt dich an ?

Ich bin ein großer Eislauffan und würde gern sehen, dass auf allen Kontinenten Eisschnelllaufen betrieben wird.
Südamerika bietet eigentlich ganz gute Möglichkeiten, vor allem in Chile und Argentinien gibt es einige Eisflächen.

Du bist nach Argentinien gereist um einen Marathon zu laufen, gibt es denn richtige exotische Orte an denen du schon aktiv warst ?

Ich selbst bin schon auf einigen exotischen Bahnen gelaufen, so auf Grönland, den Falkland-Inseln und sogar auf Tristan de Cunha. Auf Tristan war der Aufwand immens, per Flugzeug kommt man dort nicht hin, blieb nur die Schiffsanreise und dann noch mal 6 Stunden Fußweg um auf den dortigen Kratersee ein paar Schritte zu laufen.
Aber auch in Ländern bei denen wir nur an Sonne denken wie Lesotho, Kenia oder Marokko sollte Eislaufen in den Bergen sehr gut möglich sein.

Ich würde auch gern einmal in Nordkorea laufen, wo Eislaufen auch ein Volkssport ist.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Verwirklichung eurer Vorstellungen

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