6.30 Uhr Aufwärmen
Jens Zimmermann, fast omnipräsenter Sprecher am Eisschnelllaufoval, nannte ihn „Blacky“. Genau mit diesem Pseudonym hänselten hinterher die Kollegen ihren Samuel Schwarz. Der konnte das in Inzell locker wegstecken. Wenn du gerade Sechster geworden bist, mit der Weltspitze geflirtet hast, das beste Weltcup-Resultat deiner Karriere im Gepäck. Aber die Karawane zieht direkt weiter. Zum Finale nach Heerenveen. Die Halle soll erneut ausverkauft sein – wie beim Sprint-Vierkampf im Januar. Schaatsen elektrisiert die Niederländer. Ob die Kanäle oder Grachten nun gefroren sind oder schon ein laues Frühlingslüftchen das flache Land überzieht.
Samuel Schwarz ist dabei – und hat auch den nächsten „Auftrag“ schon im Hinterkopf. Antreten zur Einzelstrecken-WM in Japan. Auch dort möchte der Berliner unter die Top Ten, obgleich die Konkurrenz härter sein wird als in Inzell. Oder vielleicht noch weiter vorne? – „Natürlich würde ich schon heute gerne gewinnen. Aber ich bleibe Realist…“ Doch die ganz großen Coups sind nur aufgehoben. „In Vancouver möchte ich auf dem Treppchen stehen“, sagt Schwarz und verzieht keine Miene. Exakt diese Konsequenz verlangt Bundestrainer Bart Schouten von seinen Jungs. Im Spätsommer hatte der Erfolgscoach die Marschroute vorgegeben, bis ausgerechnet bei der Heim-WM in Berlin eine Ernüchterung folgte, das Finale verpasst wurde. „Aber hauchdünn“, ergänzt Samuel Schwarz – und spürte kritische Nachfragen, die auch den Trainer erreichten. „Doch der ist genau der Richtige – und macht ein tollen Job.“ Das Männer-Team könne durchaus „mit Kritik leben“.
Ein schönes Gefühl war es, auf der Anzeigentafel den eigenen Namen dermaßen exponiert zu lesen, von den ausländischen Kontrahenten („good race, good job“) Anerkennung zu erfahren. Das stimuliert. „Im nächsten Winter hoffe ich auf Top-Five-Resultate, obgleich die Konkurrenz riesengroß, die Spitze kompakt ist. Da kann man nicht einfach reinspazieren.“ Mit gut dosiertem Training aber schon. Alle in seinem privaten Umfeld würden inzwischen merken, dass ein neuer Wind weht. „Da kannst du nicht mal zu Opas Geburtstag gehen.“ In Berlin bittet Schouten die Skater teilweise um 6.30 Uhr zum Aufwärmen, 30 Minuten später beginnt das Eis-Training. Zum Stundenplan gehöre aber auch „gesunde Ernährung und viel Schlaf“.
Da wird die Luft dünn für Sehnsüchte. Samuel Schwarz (24) muss die Träume auf die (kurze) Phase nach den Wettkämpfen verschieben. „Ich hoffe, mal wieder zum Tauchen zu kommen“, schwärmt er. Weit weg, wo ihn keiner „Blacky“ nennt. Wenn schon, dann bitte „Speedy“.