Historie: Zwei legendäre Eisbahnen stehen vor Wiedereröffnung
Ein einmaliges Konzept legten die Kanadier im Jahr 1981 vor. Sie bewarben sich für die Olympische Winterspiele 1988 und wollten die Eisschnelllaufwettkämpfe erstmals unter dem Hallendach austragen.
Für die Eisschnelllaufnation Niederlande und der Sportnation DDR war das der Startschuss um ebenfalls 400-Meter-Eisschnelllaufbahnen zu bauen. Als die Kanadier 1985 mit dem Bau in Calgary begannen, waren die Arbeiten in Berlin und Heerenveen schon fortgeschritten. Ein erster Wettkampf fand 1986 in Berlin statt, die ersten Weltcups folgten im November 1986 in beiden Eishallen.
Damals konnte noch niemand ahnen, dass nur knapp 20 Jahre später aus dem Eisschnelllaufen de facto eine Indoor-Sportart geworden ist. Wichtige Wettkämpfe im Eisschnelllaufen finden fast ausschließlich unterm Hallendach statt. Deshalb verschwinden zahlreiche Traditionsbahnen von der Landkarte und werden durch Hallenbahnen ersetzt. Das prominenteste Beispiel ist dabei die ehemalige Rekordbahn in Inzell. Die Verbindung von schneller Eisbahn und traumhafter Natur zog Jahr für Jahr tausende Eisschnellläufer in den Bann. Doch um weiterhin internationale Meisterschaften veranstalten zu können, sahen sich nun auch die Bayern gezwungen eine Halle zu bauen.
Als die Gunda-Niemann-Stirnemann-Halle in Erfurt am 05.11.2001 feierlich eingeweiht wurde, galt sie als dreizehnte Eisschnelllaufhalle der Welt. Mittlerweile hat sich die Zahl verdoppelt und weitere Hallenbahnen stehen vor der Eröffnung.
Während nunmehr fast alle Weltrekorde auf den Hochgeschwindigkeitshallenbahnen in Calgary und Salt Lake City gelaufen werden, sind die alten Rekordbahnen fast in Vergessenheit geraten. Im Jahr 1894 wurde in der Höhenlage von Davos ein 400 Meter Ring eröffnet, auf dem zwischen 1895 und 1992 insgesamt 111 Weltrekorde aufgestellt wurden. Die Davoser Natureisbahn besteht auch heute noch, Rekorde sind dort jedoch nicht mehr möglich.
Die Inzeller Bahn sah zwischen 1966 und 1990 immerhin 76 neue Weltrekorde, doch das ist nichts im Vergleich zur Legende schlechthin: Medeo.
Unweit der ehemaligen Hauptstadt der Kasachischen SSR Alma-Ata wurde am 05.Februar 1951 eine Natureisbahn auf einer Höhe von 1691 Meter, vor Wind durch die Berge geschützt, eröffnet. Zwischen 1951 und 1971 wurden hier 64 Weltrekorde und nach dem Umbau in eine Kunsteisbahn bis 1987 weitere 126 Weltrekorde aufgestellt. An diese insgesamt 190 Rekorde wird selbst Calgary erst in einigen Jahren herankommen.
Mit dem Zerfall der Sowjetunion folgte auch der stete Verfall des einstigen Rekordtempels. Wettkämpfe fanden nur noch selten in der beschädigten Arena statt. Sanierungspläne japanischer Sponsoren scheiterten. Mit dem Beschluss in der neuen Hauptstadt Astana eine 400-Meter-Hallenbahn zu bauen, drohte das endgültige Aus.
Doch nun wird wieder gebaut, neue Kühlungssysteme, Zuschauertribünen und Sporthallen entstehen in Vorbereitung der Asiatischen Winterspiele 2011, die nach Almaty vergeben wurden. Ein Teil der Arbeiten für die Eröffnungsfeier der Spiele und die anschließenden Eisschnelllaufwettbewerbe ist bereits abgeschlossen (siehe Bild).
Spätestens zu Beginn der nächsten Saison soll der Umbau beendet und die Bahn wieder für Wettkämpfe freigegeben werden. Und neben einem hoffentlich wieder schnellen Eis, bietet Medeo auch ein unvergleichliches Panorama.
Weit weniger anstrengend ist eine Reise in die norwegische Hauptstadt. Wer in Oslo vor dem altehrwürdigen Frogner-Stadion steht, wird dort als erstes die Statuen der beiden Eislegenden Sonja Henie und Oscar Mathisen sehen. Spätestens jetzt dürfte dem Besucher klar werden, er ist an einem geschichtsträchtigen Ort.
Henie drei Mal Olympiasiegerin und zehn Mal Weltmeisterin in Folge, ist bis heute die erfolgreichste Eiskunstläuferin aller Zeiten. Mathisen wurde vor dem ersten Weltkrieg fünf Mal Weltmeister und stellte 1929 den letzten seiner 23 Weltrekorde im Alter von 41 Jahren auf. Nach Ihm wurde der jährlich vergebene Preis für den besten Eisschnellläufer der Jahres "Oscar" benannt. Beide gehörten dem damals größten Eisschnelllaufverein der Welt, dem Kristiania Skøiteklub an. Nach Umbenennung der norwegischen Hauptstadt heißt der Verein seit 1924 Oslo Skøiteklub.
Der Kristiania Skøiteklub baute Anfang des vorigen Jahrhunderts mit dem Gamle Frogner Stadion einen eigenen Sportplatz, der neben Fußball, Leichtathletik und Tennis im Winter auch eine 400 Meter Natureisbahn bot. Dieser Bahn war jedoch kein langes Leben beschieden. Denn bereits im Jahr 1913 musste das Stadion wieder geschlossen werden, da die Fläche von der Stadt benötig wurde. Immerhin drei Welt- und eine Europameisterschaft fanden in der kurzen Zeit des Bestehens statt, und sieben Weltrekorde konnten aufgestellt werden. An den Weltmeisterschaftstagen waren mehr Zuschauer an der Bahn, als die Stadt Kristiana Einwohner hatte.
Die Stadtverwaltung ließ 1914 nur wenige Meter neben dem alten Stadion das heute noch bestehende Frogner-Stadion (siehe Bild) bauen. Neben der Bahn in Davos war das Frogner die bedeutendste Bahn zwischen den Weltkriegen. 17 internationale Titelkämpfe wurden bis 1938 im Frogner-Stadion ausgetragen, 19 Weltrekorde auf der "Flachlandbahn" erzielt. Doch mit dem 2.Weltkrieg endet auch die große Geschichte des Stadions. Nach dem Krieg wurden die Wettkämpfe hauptsächlich im Bislett-Stadion und später auf der 1966 eröffneten Kunsteisbahn Valle Hovin ausgetragen.
Seit 1992 fand dann überhaupt kein Wettkampf mehr im Frogner-Stadion statt. Pläne die Bahn mit Kunsteis auszustatten scheiterten an den finanziellen Möglichkeiten. Erst im Jahr 2006 kam wieder Bewegung in das Frogner. Die Stadt bewilligte endlich das Geld für den Umbau. Ursprünglich sollte bereits im Januar 2010 beim "Norwegian Cup" das Wiedersehen mit dem geschichtsträchtigem Stadion erfolgen, die großen Umbauarbeiten hatten jedoch mehr Zeit gekostet, so dass der Termin wohl nicht gehalten werden kann.
Wer einen Eindruck über das Eisschnelllaufen des letzten Jahrhunderts gewinnen will, dem seien die nachfolgenden Webseiten mit Videos und Bildern empfohlen.
Viele alte Videos
Links zu Video- und Bildersammlungen
Bilder aus dem Museum in Hamar
Übersicht über die 400 Meter Hallenbahnen
Minsk Arena (Weißrussland) – Eröffnung verschoben auf 2010
Olympic Oval Calgary (Kanada) – 1987
Richmond Olympic Oval (Kanada) – 2008
Heilongjiang Indoor Rink Harbin (China) – 1995
Bayi Speed Skating Oval Shenyang (China) – 1999
Jilin Provincial Speed Skating Rink Changchun (China) – 2005
Indoor Icerink Qiqihar (China) – 2007
Sportforum Berlin (GER) – 1985
Gunda Niemann Stirnemann Halle Erfurt (GER) – 2001
Eisstadion Inzell (GER) – Eröffnung 2010
Oval Lingotto Turin (Italien) – 2005
M-Wave Nagano (JPN) – 1996
Meiji Hokkaido Tokachi Oval Obihiro (JPN) – 2009
Taeneung International Ice-Skating Rink Seoul (KOR) – 2000
IJsstadion Thialf Heerenveen (NED) – 1986
Kardinge Groningen (NED) – 1993
Triavium Nijmegen (NED) – 1999 (333 Meter Rink)
SpaarSelect Kunstijsbaan Breda (NED) – 2001
IJsbaan Twente Enschede (NED) – 2008
Ireen Wüst IJsbaan Tilburg (NED) – 2009
Olympia Hall Hamar (NOR) – 1992
Fosenhallen Bjugn (NOR) – 2007
Sørmarka Flerbrukshallen Stavanger – Eröffnung 01.10.2010
Eishalle Krylatskoje Moskau (RUS) – 2004
Uralskaja Molnija Tscheljabinsk (RUS) – 2005
Eislaufzentrum des Moskauer Oblast Kolomna (RUS) – 2006
Rudhallen Göteborg (SWE) – 2002
Pettit National Ice Center Milwaukee (USA) -1993
Utah Olympic Oval Salt Lake City (USA) – 2000
Zusätzlich gibt es folgende überdachte 400 Meter Bahnen:
De Uithof Den Haag (NED) – 1989
De Scheg Deventer (NED) – 1992
De Smelt Assen (NED) – 1993
De Vechtsebanen Utrecht (NED) – 1997
Kennemerland Haarlem (NED) – 1998
IJsstadion De Meent Alkmaar (NED) – 2000
Kunstijsbaan Eindhoven (NED) – 2000
Kunstijsbaan De Westfries Hoorn (NED) – 2006