Historie 2: Der deutsche Serienmeister
In loser Folge wollen wir an Athleten erinnern, die sich um die Entwicklung unserer Sportart in Deutschland verdient gemacht haben.
Teil 2: Alfred Lauenburg – der Hamburger Dauerbrenner
Mit St. Georg in Hamburg verbindet man vieles, die wenigsten denken dabei an Eisschnelllauf. Und doch wurde auf dem kleinen Abschnitt hinter dem Hamburger Hauptbahnhof ein Junge groß, der später das deutsche Eisschnelllaufen dominieren sollte.
Hamburg war die Wiege des Eisschnelllaufens in Deutschland und so verwunderte es nicht, dass der am 19.03.1876 geborene Alfred Lauenburg in seiner Kindheit oft auf den zahlreichen Eisflächen die es in Hamburg um 1890 gab, zu finden war.
Wollte man zu jener Zeit im Winter regelmäßig Eiszeit bekommen, trat man am besten einen der vielen Vereine bei. Und da der Hamburger St. Georger Schlittschuhläufer-Verein von 1887 ganz in der Nähe der elterlichen Wohnung sein Domizil hatte, trat der junge Alfred diesem Verein bei.
Wettkämpfe in Deutschland gab es erst seit 1884. In der Anfangszeit hatten die beiden Hamburger J.H. Harms und Claus Hansen das Geschehen in Deutschland dominiert, danach waren es August Underborg , Heinrich Ehrhorn (beide aus Hamburg) und natürlich Julius Seyler aus München.
Am 27.1.1895 wollte Alfred Lauenburg auf der legendären großen Kunsteisbahn an der Allee in Altona sein Wettkampfdebüt feiern. Seine Schlittschuhe waren jedoch defekt, so dass er den Start absagen musste. Trotzdem entwickelte sich der nun 19 jährige im Training mit Heinrich Ehrhorn schnell weiter. Die ersten Wettkämpfe bestritt er schließlich am 29.12.1895 bzw. am 01.01.1896 auf dem Heiligengeistfeld und der Bahn an der Allee. Mit einem Sieg, einem zweiten und einem dritten Rang in den drei Rennen, sorgte er sofort für Aufsehen.
Am 28.Januar begann dann auf dem Heiligengeistfeld die Europameisterschaft. Insgesamt waren nur 5 Aktive am Start, von denen auf Grund des starken Windes und des schlechten Eiszustandes vier Läufer über 500 Meter stürzten. Da ein regulärer Wettkampf so nicht möglich war entschloss sich die Jury zum Abbruch und führte den Wettkampf einen Tag später komplett im Eispark Borgfelde durch. Der junge Hamburger hielt sich gegen die Konkurrenz wacker, und belegte die Ränge 2,3 und 4 auf den ersten drei Strecken. Damit war seine Kraft jedoch verbraucht, so dass er die 10000 Meter Strecke am späten Nachmittag nicht mehr durchhielt.
Immerhin war nach den guten Leistungen sein Name erstmals über die Grenzen Hamburgs bekannt geworden. Foto: (Links- Max Streich (Vereinsvorsitzender ASV), Mitte- Alfred Lauenburg, Rechts- Willy Külper)
Ein Jahr später gab der St. Georger sein Debüt bei Deutschen Meisterschaften. Diese Titelkämpfe sollten bald seine werden, 1897 auf dem Halensee in Berlin reichte es aber erst zu Rang drei.
Hamburg hatte durch das milde Seeklima bei schwächeren Wintern immer wieder Probleme Eislaufen zu ermöglichen. So war in den Saisons 1897/98, 1898/99, 1905/06, 1909/10, 1910/11 so gut wie keine Eiszeit vorhanden, und damit auch keine Trainingsmöglichkeiten. Auch in den anderen Jahren war größtenteils nur der Januar, bei sehr harten Wintern auch Dezember und Februar, Wettkampfmonat.
Da in Davos mittlerweile eine “sichere” Bahn entstanden war, und Lauenburg finanziell nicht schlecht stand, fuhr er im Januar 1898 nach Davos zum Training und startete schließlich auch bei der Weltmeisterschaft. Obwohl er seinen Leistungszenit erst später erreichen sollte, waren es die einzigen Titelkämpfe an denen Lauenburg teilnahm. Auf der damals schnellsten Bahn der Welt, konnte Alfred Lauenburg im Zwölferfeld den sechsten Rang belegen, und dabei über 500, 5000 und 10000 Meter Zeiten erzielen, die er später auf den zugegebenermaßen langsameren Eisbahnen nicht mehr erreichen konnte.
Unzufrieden mit den Trainingsbedingungen seines Vereins, wechselte Lauenburg 1898 zum Hamburger Schlittschuh-Verein von 1881. Das Wetter bremste den Hamburger immer wieder in seinem Ehrgeiz, in den folgenden Jahren gab es nur sehr wenige Wettkämpfe. 1898/99 startete Lauenburg bei keinem Wettkampf, in der Saison 1900/1901 blieb er bis zu den Deutschen Meisterschaften auf der Berliner Westeisbahn ungeschlagen, dort landete er jedoch weit abgeschlagen auf einem enttäuschenden vierten Rang.
Es sollte seine letzte Niederlage bei einer Deutschen Meisterschaft sein. Von 1901 bis 1910 dominierte er die Titelkämpfe, bei sieben Starts gab es sieben Titel. Auf den 21 Einzelstrecken blieb er dabei 19 mal siegreich.
Beruflich nunmehr in der Firma seines Vaters voll eingespannt, blieb für lange Reisen keine Zeit mehr. Lauenburg lief fast nur noch Wettkämpfe in Hamburg und das über die Bahn recht schnell erreichbare Berlin. In den Jahren 1905, 1906 und 1908 musste Lauenburg beruflich die Meisterschaften absagen, 1911 fielen die Titelkämpfe der warmen Witterung zum Opfer.
Bereits 1902 war Alfred Lauenburg in den aufstrebenden Altonaer Schlittschuhläufer-Verein von 1893 gewechselt. Dort hatte Heinrich Wilcken dem Verein glänzende Bedingungen auf der Eisbahn an der Allee geschaffen, die nicht zuletzt dafür sorgten, dass der ASV in den nachfolgenden beiden Jahrzehnten die besten deutschen Eisschnellläufer beheimatete.
Seinen letzten großen Sieg errang der Serienmeister kurz vor seinem 36. Geburtstag. Gemeinsam mit seinen Teamkollegen Richard Dörr und Willy Külper siegte er im großen Mannschaftslauf der Stadt Berlin. Ansonsten lief er in seinem Abschiedsjahr nur noch in Hamburg, wo er alle Rennen gewann. Auf den Start bei den Deutschen Meisterschaften in Berlin-Kreuzberg musste er abermals beruflich verzichten. Es bleibt offen, ob Alfred Lauenburg noch ein paar Jahre weiter gelaufen wäre, aber die Zerstörung der Heimatbahn 1912 durch eine Gewerbeausstellung und der nachfolgende Krieg, ließen dem Hamburger Dauerbrenner keine Wahl.
Das Alter nicht vor Leistung schützt hatte Lauenburg 1910 bei den Meisterschaften auf dem Rießersee eindrucksvoll bewiesen, konnte er doch 12 Jahre nach seinen Bestzeiten von Davos über 1500 Meter eine neue persönliche Bestzeit aufstellen. An die Superzeiten des Julius Seyler auf den Mehrkampfstrecken kam er nicht heran, doch seine Deutschen Rekorde über 1000 und 3000 Meter aus den Jahren 1905 und 1907 konnte erst sein Vereinskamerad Hans Meyer brechen, und das 1924.
Auch nach dem Ende seiner aktiven Karriere blieb Alfred Lauenburg dem Verein treu. Ab April 1911 wurde er Kassenwart, während des 1.Weltkrieges, den Alfred Lauenburg schadlos überstand, ruhte das Vereinsleben. Nach dem Neuzusammenfinden wurde das Aushängeschild des Vereins 1922 zum 2.Vorsitzenden gewählt, ab 1924 übernahm er auch die Funktion des Eisschnelllaufwartes.
Im Oktober 1926 sollte der mittlerweile 50 jährige zum Ehrenvorsitzenden des ASV gewählt werden, dazu kam es jedoch nicht mehr, da der Deutsche Rekordmeister am 31.7.1926 überraschend verstarb.
(c) Dirk Gundel
Teil 1: Julius Seyler
Teil 3: Arthur Vollstedt
Teil 4: Die Damen greifen ein
Teil 5: Helga Haase
Teil 6: Ein Sprintstern geht auf