Shorttrack-Weltcup in Peking: Männer-Staffel kratzt an der Weltspitze
Bevor sich die deutschen Shorttracker beim ersten von vier Saison-Weltcups ins Wettkampfgetümmel gestürzt haben, gab es noch einen Ausflug zur Großen Chinesischen Mauer. Jahrelang schien es, dass zwischen den Chinesen und den anderen Weltklasse-Shorttrackern einerseits und den deutschen andererseits eine schier unüberwindliche Mauer steht. Doch wer das Staffel-Halbfinale der Männer erlebt hat, sah die Staffeln Südkoreas, Chinas und Deutschlands nach fünf Kilometern nur durch wenige Meter getrennt. Diesmal haben Sebastian Praus (Mainz), Paul Herrmann, Robert Seifert und Tyson Heung (alle Dresden) nach großem Kampf den Einzug in den Endlauf noch verfehlt, aber ihre Überzeugung gestärkt: Er ist möglich. Aus eigener Kraft.
Auf die Staffeln richtet Bundestrainer Éric Bédard verständlicherweise sein besonderes Augenmerk. Denn die Aufgaben sind klar abgesteckt: Qualifikation für die Olympischen Winterspiele als Minimalziel, Endkampfchance als Maximalziel. Wer das internationale Kräfteverhältnis der zurückliegenden Jahren verfolgt hat, weiß: Letzteres ist ein sehr, sehr anspruchsvolles Ziel. Vor der Tür der Weltspitze zu stehen, ist das eine. Durch die Tür hindurchzugehen, ist das andere. Und gerade China ist für Bédard eine anschauliche Vergleichsgröße, um Fortschritte bildlich zu machen. Schon in der Vorsaison war das DESG-Quartett regelmäßig mit China auf Augenhöhe, darunter in Dresden.
„Bei den Weltcups in Asien kommt es mir nicht in erster Linie auf die Platzierungen an, sondern ich will im unmittelbaren Wettkampf sehen, was unsere Vorbereitung wert ist. Hier kann man auch noch das eine oder andere ausprobieren“, sagt Éric Bédard, „alles ist ausgerichtet auf die Weltcups drei und vier, wo es auch um die Startplätze für Vancouver geht.“ Die Auftritte von Peking seien dafür ermutigend gewesen. „Wir sind definitiv auf dem richtigen Weg. Ich habe hier viele gute Dinge gesehen, aber auch, dass noch manche Nachbesserungen nötig sind. Sicher ist: Die Großen sind nicht weiter weg, sondern wir sind ihnen wirklich nähergerückt.“
Das Format für Vancouver hat Bédard zufolge auch die Frauenstaffel. In Peking ist sie allerdings im Viertelfinale ausgeschieden und musste am Ende mit Platz elf vorliebnehmen. Ein unglücklicher Wechsel und ein Sturz warf das Quartett mit Aika Klein (Rostock), Christin Priebst, Bianca Walter (beide Dresden) und Susanne Rudolph (Grafing) aus dem Rennen. „Das war schon Pech, aber ich hoffe, dass damit unser Unglück sozusagen abgearbeitet haben, denn schon in Vorsaison war ein paarmal der Wurm drin“, meinte Aika Klein nach dem Ausscheiden, „lieber jetzt nochmal danebengegriffen als dann bei der Olympia-Ausscheidung.“ Mit ihren Einzelrennen ist die 26-jährige Rostockerin hingegen zufrieden. Sie startete als einzige auf allen drei olympischen Einzeldistanzen und erlief Platz 13 über 1000 sowie Rang 19 über 1500 Meter – dieselben Platzierungen im November würden Olympia-Startplätze bedeuten. Ähnliches gelang Tyson Heung mit denn Plätzen 12 und 17 über 500 und 1000 Meter. Auch Susanne Rudolph lief als 17. über 500 Meter in die Top-20.
Die Pekinger Zeiten nicht nur der Deutschen, sondern aller Teilnehmer, sind trotz Olympiajahr noch nicht in Rekordnähe. „Das liegt daran, weil hier sehr weiches Eis war`, sagt Paul Herrmann, „schwer zu laufen, weil man tiefer einsinkt.“
Inzwischen haben die Shorttracker der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft das Quartier gewechselt und sind nach Seoul geflogen, wo am Wochenende der zweite Weltcup ausgelaufen wird. Am Donnerstag und Freitag stehen Vorläufe auf dem Programm, die Entscheidungen fallen am Sonnabend (500 und 1500 Meter) und Sonntag (1000 Meter und Staffeln). Vielleicht gelingt es schon dort, weitere Steine aus der Mauer um die Weltspitze herauszureißen.