Sheffield 2011: Silber für deutsche Männerstaffel!
Die Weltmeisterschaft in Sheffield bescherte dem deutschen Shorttrack einen neuerlichen Höhepunkt. Ein Jahr nach der ersten WM-Medaille für Deutschland, ebenfalls durch die Staffel-Herren und drei Wochen nach dem ersten Weltcupsieg in der DESG-Historie, natürlich durch die Herrenstaffel, nun die nächste Steigerung. WM-Silber durch Paul Herrmann, Robert Seifert, Robert Becker, Christoph Milz und Torsten Kröger, der im Halbfinale lief.
Dabei lief das Team taktisch clever, hielt sich aus Rangeleien heraus und überquerte knapp 2 Sekunden hinter Sieger Kanada die Ziellinie, noch vor den Koreanern die nach einer Behinderung der USA später distanziert wurden, so dass die US-Boys die Bronzemedaille gewannen.
Nach der Achterbahnfahrt der Gefühle in Dresden, wo erst die WM nicht mehr erreichbar schien und dann im Finale die letzte Runde noch einmal alles auf den Kopf stellte, nun noch einmal diese Steigerung.
Doch nicht nur in der Staffel gab es gute Leistungen der Deutschen auch in den Einzelentscheidungen waren die Deutschen teilweise dicht dran, konnten den letzten Sprung in die Weltelite aber noch nicht vollziehen.
Am letzten Wettkampftag fielen die Entscheidungen über die 1000 Meter und im Mehrkampf, sowie in der Staffel jeweils bei den Damen und Herren.
Die Koreanerin Ha-Ri Cho war bei den Damen die große Gewinnerin des Sonntags. Gold über 1000 Meter vor Ariana Fontana (ITA) und Katherine Reutter (USA) und nach dem Sieg im Superfinale auch die Goldmedaille im Mehrkampf, vor Reutter und Fontana.
Lediglich in der Staffel gingen nach einem Sturz die Träume der Koreanerinnen nicht auf. Die Chinesinnen siegten vor der Niederlande und Kanada.
Bianca Walter hatte sich nach einer Behinderung mühelos für das Viertelfinale qualifizieren können, musste sich dort aber der Weltelite geschlagen geben. Die Dresdnerin belegte am Ende die Plätze 19 über 1000 Meter und 22 im Mehrkampf. Julia Riedel war über 1000 Meter im Vorlauf gescheitert und belegte hier wie auch im Mehrkampf Platz 32.
Nach den Siegen von Katherine Reutter und Kexin Fan (China) waren bei den Damen China und Korea mit jeweils 2xGold die erfolgreichsten Nationen.
Über 500 Meter war Robert Seifert am Samstag knapp am Halbfinaleinzug gescheitert und auch über 1000 Meter am Sonntag konnten Seifert und Teamkollege Paul Herrmann überzeugen, mussten sich erneut erst im Viertelfinale geschlagen geben. Robert Seifert belegte Platz 11 über 1000 Meter und Rang 15 im Mehrkampf, Paul Herrmann kam auf Platz 16 (1000 Meter) und Rang 17 im Mehrkampf. Damit schafften beide deutschen Herren im Mehrkampf den Sprung in die Top 20.
Der Koreaner Jinkyu Noh sicherte sich beide Einzeltitel am Sonntag. Über 1000 Meter und im Mehrkampf siegte der Koreaner jeweils vor Charles Hamelin (Kanada) und Wenhao Liang (China).
Damit waren die Koreanern bei den Herren mit 3 Titeln und insgesamt mit 5 Siegen die erfolgreichste Nation. Weitere Goldmedaillen gingen an China (2), USA (2) und Kanada.
Maos Heatbox sprach nach dem großen Erfolg mit den Protagonisten.
Unverhofft wurde Christoph Milz vom EC Oberstdorf in Sheffield-Vizeweltmeister im Staffellauf, und das nicht nur, weil der Einlauf so nicht erwartet war. Als Ersatzmann für die deutsche Staffel mit nach England gereist, erfuhr er erst kurz vorher von seinem Einsatz. »Ungefähr eine Stunde vor dem Finale hat es mir der Trainer gesagt«, erzählt der 24-jährige Oberstdorfer, der jahrelang in der zweiten Reihe stand und nicht aufsteckte.
Damit gab es bei der Siegerehrung fünf Silbermedaillen, denn auch Torsten Kröger (Turbine Rostock), der den Finaleinzug mit erkämpft hatte und den Milz im Endlauf ersetzte, bekam eine umgehängt. In beiden Läufen waren Startläufer Robert Seifert, Schlussläufer Paul Herrmann sowie Robert Becker (alle EV Dresden) am Start.
»Heute kam es bei dem weichen Eis vor allem darauf an, sich auf den Kufen zu halten und nicht zu stürzen«, meinte Bundestrainer Michael Kooreman, »aber die Jungs haben das klasse hingekriegt und waren bis zu dem Sturz auch dicht am Pulk, hatten nicht abreißen lassen.«
Besagter Sturz geschah nach etwa 30 der 45 Runden. . »Ich lief ein, zwei Meter hinter Südkorea und den USA, als es zwischen den beiden ein Gerangel gab«, meinte Robert Becker, »ich konnte mich gerade noch auf den Schlittschuhen halten und war heilfroh, dass ich unbeschadet an den beiden vorbeigekommen bin.«
Beide Gestürzte rappelten sich zwar wieder auf, aber Kanada und Deutschland waren jetzt mit Abstand vorn. »Da bin ich das zweite Mal richtig nervös geworden«, sagt Milz, »das erste Mal war, bevor es losging. Auf dem Eis war dann alles vergessen. Aber als wir dann plötzlich an zweiter Stelle lagen, wurde mir schon mulmig, ich dachte immer: Nur jetzt kein Missgeschick.«
So liefen die Deutschen teilweise etwas auf Vorsicht, ließen die auf 1 liegenden Kanadier ziehen, um ohne Sturz auf Platz zwei zu bleiben. Das aber nutzten die Südkoreaner, die wieder ranliefen und drauf und dran waren, Deutschland nochmal anzugreifen. »Als aich Schlussläufer abgeschoben wurde, wusste ich, dass Lee Ho-Suk dicht hinter mir ist«, erzählt Paul Herrmann, »ich gab nochmal alles und versuchte keinen Raum zum Überholen zu lassen. Das hat geklappt, Lee kam nicht vorbei. Das zeigt auch, dass wir gegenhalten können und nicht nur auf Glück angewiesen sind.« Dass Südkorea wegen Behinderung der Amerikaner disqualifiziert werden würde, konnte ja während des Rennens keiner wissen.
Glücklich war auch Robert Seifert. »Für mich war es ein Super-Abschluss, auf den wohl kaum jemand gewettet hätte«, meint der Sprintspezialist, »auch mit den Einzelergebnissen bin ich sehr zufrieden: Platz 10 und 11 über 500 und 1000 Meter. Ich sehe aber auch noch Reserven, so eine WM ist einfach die beste Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln.«
Auch für Co-Bundestrainer Miroslav Boyadzhiev, der in der ersten Saisonhälfte den Hut aufhatte und manchen Rückschlag einstecken musste, war es ein versöhnlicher Saisonabschluss. »Das Ergebnis hat auch gezeigt, dass nicht alles falsch gewesen sein kann, was wir seit dem Sommer gemacht haben. Wir haben ein paar gute Grundlagen gelegt.«
»Natürlich haben wir nicht bei Null angefangen«, bestätigt Robert Seifert, »aber die entscheidenden Punkte für unseren Erfolg halt Mike draufgesetzt.«