Short Track: Dresdner Trainingsschmerzen
Fast 30 Grad zeigte das Thermometer zeitweise rund um den Quader im sonnigen Dresdner Ostragehege an. Doch in der Freiberger-Arena herrscht „Winter“: Das Eishockeyfeld in der Trainingshalle bietet Sahneeis. Unter den Anweisungen in Deutsch und Englisch von Bundestrainer Éric Bédard und Assistent Miroslav Boyadzhiev gehen die Short-Track-Asse nahe an ihre Grenzen. Es ist Olympia-Saison.
„Ich bin sehr froh, dass es unsere Partner möglich gemacht haben, dass wir fast den ganzen Sommer über auf Eis trainieren können“, sagt Bédard. „Ich hoffe, dass wir das mit guten Leistungen zurückzahlen können.“ Doch vor den Preis haben die Götter den Schweiß gesetzt. „Nach jeder Einheit bist du total ausgelaugt“, sagt Julia Riedel, „das Training ist unheimlich intensiv.“ Ihre Grafinger Trainingskollegin Susanne Rudolph, die inzwischen ebenso wie alle anderen „auswärtigen“ Nationalteamläufer in Dresden wohnt, nennt es den „Bédard-Effekt“. „Bei keinem anderen Trainer habe ich so intensiv trainiert“, so die Bayerin, „nach dem Krafttraining konnte ich kaum den Apfel zum Mund führen.“
„Ziemlich K. o.“ fühlt sich auch Tyson Heung, „aber man regeneriert auch relativ schnell wieder. Ich glaube, dass Éric Bédard genau weiß, was er tut. Und die anderen wissen es auch.“ Bédard stellt nicht nur Forderungen, er begründet sie auch. Zum Beispiel die an- und abschwellenden Belastungsphasen. „In drei Wochen Eis gibt es eine mäßige, eine höhere und eine ganz hohe Belastung“, erklärt Christin Priebst. „Hat man nach einer Maximalwoche wieder eine mittlere Belastung, so kommt dem Körper die auch maximal vor.“ Regenerationswochen, die „Legionäre“ oft zu Hause in ihrem Heimatvereinen verbringen, sind schon fast Erholung. Wirkliches Abschalten, sprich: Urlaub, war diesmal auf ein Minimum beschränkt. Einige, wie Bundeswehr-Soldatin Julia Riedel wegen der Grundausbildung, mussten darauf ganz verzichten.
Christin Priebst weiß, dass sich die schweißtreibende Arbeit lohnt. „Aber vom Kopf ist es nicht leicht zu verkraften. In früheren Jahren hatten wir ein paar Wochen Eis im Sommer, meist in Oberstdorf. Jetzt in Dresden den ganzen Sommer. Und so schön die neue Eishalle ist, da fällt einem manchmal die Decke auf den Kopf. Ich kenne hier jeden Buchstaben und jede Schramme. Mir fehlen vielleicht die Glückshormone, die einem der Sonnenschein beim Rollen oder Radfahren im Freien verschaffen kann, obwohl auch das hart ist. Aber der Gedanke ans große Ziel Olympia motiviert.“
Vancouver 2010 ordnet auch Trainer Éric Bédard alles unter. „Meine Saisonplanung hat zwei Höhepunkte: die Olympiaqualifikation im November in Nordamerika, und die Winterspiele im Februar.“ So gesehen, ist der Termin der Europameisterschaften in Dresden, drei Wochen vor den Olympischen Spielen, nicht optimal. „Aber egal, es ist ein Heimspiel, und wir werden dort alles geben“, verspricht der Bundestrainer. „Denn Wettkampf ist immer besser als Training.“